„Interne Details waren immer tabu“
Der Allgäuer Polizeipräsident Werner Strößner geht in den Ruhestand. Nachfolgerin wird seine Frau Claudia. Ein Gespräch über eine ungewöhnliche Personalie und Themen am Esstisch
Die Leitung des Präsidiums bleibt in Ihrem Fall ja in der Familie. Eine Premiere in der Polizeigeschichte? Claudia Strößner: Ich vermute schon – meines Wissens gab es im Polizeibereich bislang keine vergleichbare Konstellation in Deutschland.
Haben Sie geahnt, wie der Hase laufen würde?
Claudia Strößner: Absolut nicht, denn auf diese Stelle wird man berufen, da kann man sich nicht bewerben. Auch mein Mann war hier völlig außen vor. Innenminister Herrmann hat einige Kandidaten vorgeschlagen, die aus seiner Sicht aufgrund ihres Werdegangs und ihrer Leistungen infrage kommen – der Ministerrat hat dann entschieden.
Was sagen Sie zu diesem Stabwechsel, Herr Strößner?
Werner Strößner: Ich freue mich sehr darüber, dass meine Frau für diese Aufgabe ausgewählt wurde. Aber das Ganze ist natürlich für uns beide mit einer deutlichen Anspannung verbunden. Für mich endet nach 45 Jahren der Polizeidienst, und ich bin von einem Tag auf den anderen Hausmann. Wobei ich immer schon ein Familienmensch war und mich auch früher intensiv an der Kinderbetreuung beteiligt habe. Ich weiß also, was mich erwartet ...
Claudia Strößner: Es ist für die ganze Familie ein Einschnitt. Ich war fünf Jahre überwiegend daheim, jetzt beschleunige ich beruflich von Null auf 100. Aber das wird funktionieren, da bin ich sicher. Ich freue mich enorm auf diese Aufgabe, auch wenn sie eine sehr große Herausforderung bedeutet.
Sie beide standen zuletzt im Dienst von Polizei beziehungsweise Verfassungsschutz. Über was spricht das Ehepaar Strößner da beim gemeinsamen Abendessen?
Claudia Strößner: Natürlich nimmt man Anteil an den beruflichen Dingen des Partners. Das war aber nie das Hauptthema, bei uns geht es da wie in anderen Familien um den Alltag, um die Schule, den Musikunterricht der Kinder oder um unsere beiden Hunde.
Werner Strößner: Der Chirurg redet daheim auch mal über die schwierige OP. Interne Details waren aber immer tabu – das ist eine Frage der Professionalität.
Frau Strößner, Sie sind erst die zweite Polizeichefin Bayerns. Muss man in einer männerdominierten Behörde nicht automatisch mit Vorurteilen rechnen? Claudia Strößner: Ich bin in meinem Berufsleben nie bewusst auf Vorurteile gestoßen und habe da auch jetzt
Sorge. Ich selbst hatte immer Vorgesetzte, die mich gefördert haben. Ich kenne aber aus meiner Zeit im Innenministerium, wo ich unter anderem auch mit Gleichstellungsfragen befasst war, andere Beispiele – wo etwa Teilzeitarbeit einer Polizeibeamtin als mangelndes Engagement aufgefasst wurde. Aber das ist schon länger her, da ist seitdem viel passiert. Die Polizei ist eine sehr schnell lernende Organisation.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil einordnen?
Claudia Strößner: Das ist für einen selbst schwer zu beantworten. Ich sehe mich aber vor allem als teamorientiert. Das kommt noch vor der Strenge, die man in einer Führungsposition manchmal auch braucht. Generell würde ich sagen: Ich mag Menschen und schätze die Arbeit der Polizei.
Sie starten in einer schwierigen Phase, die für Beamte wie Bürger belastend ist. Welche Rolle spielt Corona im Polizeibetrieb?
Claudia Strößner:
Das Virus spielt in alle Lebensbereiche hinein. Es darf aber dennoch nicht die normalen Polizeiaufgaben überlagern.
Werner Strößner: Gesetze und Verordnungen geben uns in diesem Punkt einen klaren Rahmen vor: Wo greift beispielsweise die Maskenpflicht, wann gilt in Lokalen die Sperrstunde? Die Polizei hat die Aufgabe, diese Regeln zu kontrollieren, durchzusetzen und Verstöße zu verfolgen, genauso wie im Straßenverkehr oder bei Umweltdelikten.
Welche Herausforderungen sehen Sie allgemein auf das Polizeipräsidium in Kempten und damit Ihre Frau zukommen?
Werner Strößner: Zu den wichtigen Themen gehören weiter die Reduzierung der Unfalltoten und die Eindämmung der Drogenkriminalität. Bei den Einbrüchen haben wir sehr zufriedenstellende Zahlen, die gingen von 549 im Jahr 2016 auf 269 im vergangenen Jahr zurück. Das halte ich für elementar, weil sich Einbrüche direkt auf das Sicherheitsgefühl der Menschen auswirken. Große Sorgen macht mir die Cyber-Krimikeine nalität, die vom Betrug bis zur Verbreitung pornografischer Inhalte reicht. Die hat sich in einem Jahr fast verdoppelt.
Frau Strößner, an Aufgaben mangelt es nicht im Präsidium. Wie gehen Sie Ihre neue Position an?
Claudia Strößner: Ich habe kein Leitthema, das ich in den Fokus stellen möchte. Viele Schwerpunkte sind ohnehin schon von Haus aus gesetzt. Mir ist es wichtig, mich jetzt erst einmal umfassend zu orientieren und die Kollegen kennenzulernen.
Im Landesamt für Verfassungsschutz haben Sie den Blick auch nach außen gerichtet. Wie stufen Sie die Akzeptanz der Polizei beim Bürger ein? Claudia Strößner: Das ist unterschiedlich. Grundsätzlich ist das Verständnis für polizeiliche Maßnahmen in den vergangenen Jahren gesunken. Auf der anderen Seite erlebe ich gerade in unserer Region nach wie vor viel Akzeptanz, auch wenn es derzeit öfter mal schwierige Situationen gibt.
Interview: Markus Raffler
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