ISHassprediger muss ins Gefängnis
ADAC-Präsident August Markl hat noch kein Elektroauto und fährt auf Autobahnen gerne auf der rechten Spur
Celle Das Oberlandesgericht Celle hat den mutmaßlichen Deutschland-Chef der Terrormiliz Islamischer Staat zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht erklärte den 37-jährigen Iraker Abu Walaa am Mittwoch wegen Unterstützung und Mitgliedschaft in der Terrororganisation für schuldig. Der Hassprediger hat nach Überzeugung der Richter junge Leute radikalisiert und in die IS-Kampfgebiete geschickt. Drei weitere Mitangeklagte erhielten Haftstrafen. Abu Walaa war Imam der Moschee des inzwischen verbotenen Vereins „Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim“. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt der Terrorexperte Peter Neumann, warum die Gefahr durch den IS in den letzten Jahren gesunken ist.
Herr Markl, Sie sind 2014 zum Retter in der schwersten Krise des ADAC aufgestiegen. Skandal folgte auf Skandal. Höhepunkt waren die frisierten Zahlen bei der Vergabe des ADACAutopreises Gelber Engel. Demnach hat der ausgezeichnete VW-Golf viel weniger Stimmen als behauptet bekommen. Was haben Sie damals gedacht?
August Markl: Für mich ging eine Welt unter. Ich bin seit 50 Jahren ADAC-Mitglied und war immer in verschiedenen Positionen für den Verein tätig. Wir haben damals auch eine Menge Vertrauen eingebüßt und konnten 2014 kaum neue Mitglieder gewinnen, auch wenn sich die Kündigungen in Grenzen hielten. Umso wichtiger war es, dass wir mit einem so offenen Umgang auf die Manipulation reagierten: So ging es schon 2015 mit einem Plus von 230 000 Mitgliedern wieder bergauf. Inzwischen haben wir den ADAC so umgebaut, dass sich solche Manipulationen nicht mehr wiederholen können.
Haben Sie den Verein, der ja mit der Vergabe des Gelben Engels nicht den ersten Skandal erlebt hat, wirklich gründlich genug reformiert?
Markl: Wir haben nichts unter den Teppich gekehrt. Der ADAC hat nicht nur ein bisschen Kosmetik betrieben, sondern wir haben uns alle Vorgänge und alle Strukturen angeschaut. Wir haben im wahrsten Sinne des Wortes jeden Stein umgedreht. Ich bin dankbar, dass ich dabei breite Unterstützung innerhalb des ADAC bekam. Wir konnten die „Reform für Vertrauen“konsequent umsetzen. Die Zeit war insgesamt nicht leicht und die Reform ein brutal hartes Stück Arbeit.
Fahren Sie schon ein Elektroauto oder warten Sie noch ab?
Markl: Ich fahre noch kein Elektroauto, überlege mir aber intensiv, ob ich eines anschaffen soll. Ich habe bisher immer mit der Reichweite gehadert. Aber die Fahrzeuge weisen ja jetzt immer höhere Reichweiten auf. Elektroautos faszinieren mich. Trotzdem kann die Elektromobilität nicht all unsere Probleme lösen, zumal wenn wir nicht genügend Strom aus regenerativer Energie für all die E-Fahrzeuge haben. Und bei der Produktion und bei der Entsorgung glänzen Elektroautos nun mal nicht mit einer guten Klimabilanz. Deswegen müssen wir uns technologieoffen weiterentwickeln.
Mit Elektroautos kann man enorm schnell beschleunigen. Auf Autobahnen herrscht zum Teil das brutale Gesetz des Stärkeren. In der PS-Republik Deutschland wird gerast, was das Zeug hält. Ist nicht ein Tempolimit auf Autobahnen überfällig?
Markl: Umfragen zeigen, dass etwa die Hälfte unserer Mitglieder für ein Tempolimit auf Autobahnen ist und die Hälfte dagegen. Solange das so ist, werden wir sachlich informieren und zur Meinungsbildung beitragen, aber uns nicht in der einen oder anderen Richtung positionieren.
Und welche Meinung haben Sie nun?
Markl: Wir nehmen als ADAC eine neutrale Haltung zu dem Thema ein. Das kann in der Zukunft zur einen oder anderen Seite umschlagen.
Der ADAC ist also weder für noch gegen ein Tempolimit. Immerhin. Früher sprachen sich ADAC-Chefs klar gegen ein Tempolimit aus. Ex-ADAC-Präsident Franz Stadler propagierte ja noch in den 70er Jahren: „Freie Bürger fordern freie Fahrt.“
Markl: Diese alten Slogans gelten schon lange nicht mehr. Die Zeiten und damit auch der ADAC haben sich verändert. Wir hören auf unsere Mitglieder. Und deren Meinungen gehen in dieser Frage auseinander.
Wie schnell fahren Sie gerne auf der Autobahn?
Markl: Ich bin ein sehr ruhiger und überlegter Fahrer. Das ist sicher meinem Alter zuzuschreiben. Ich bin ja 72 Jahre alt. Früher bin ich sicher schon einmal flotter gefahren.
Ich bin eher so ein Gleiter auf der Autobahn.
Doch entspanntes Gleiten funktioniert auf französischen, aber meist nicht auf deutschen Autobahnen. Da schießen Autos auf Einfahrten mit 140 raus und ziehen rasch rüber auf die linke Spur, wo voll durchgeknüppelt wird.
Markl: Ich bleibe beim Gleiten. Ich versuche, mich auf der rechten Autobahnspur mit entsprechendem Abstand an ein anderes Fahrzeug anzuhängen und schwimme im Strom mit.
häufig ignoriert. Muss nicht strenger und effektiver kontrolliert werden?
Markl: Wo es Sinn macht, etwa vor Schulen, bei Baustellen auf Autobahnen oder schwierigen Fahrstücken, macht eine strengere Überwachung durchaus Sinn.
Viele Menschen rasen nicht nur, sie bedienen auch noch parallel ihr Smartphone, was zu Todesfällen führt. Müsste hier nicht härter dagegen vorgegangen werden?
Markl: Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung. Das Handy am Steuer ist zu Recht verboten. Denn wer am Steuer mit dem Smartphone spielt, gefährdet nicht nur sich selbst, was schon schlimm genug ist. Solche Menschen gefährden ja auch das Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Diese Menschen muss man vor sich selbst schützen und andere Verkehrsteilnehmer vor ihnen.
Zuletzt sorgten Unfälle von Senioren, die etwa mit ihrem Auto in Schaufenstern gelandet sind, für Furore. Muss man auch diese Fahrer mehr vor sich selbst schützen und regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit prüfen?
Markl: Lassen Sie mich die Frage so beantworten: Ich würde mich jederzeit solchen Tests unterziehen. Im Moment werden solche Tests aber auf freiwilliger Basis angeboten. Auch der ADAC bietet sie an. Das sind doch gute Angebote. Gerade ältere Autofahrer sollten mit den eigenen Möglichkeiten selbstreflektiert umgehen und auch an Fahrsicherheitstrainings teilnehmen.
Wie hat Corona die Arbeit des ADAC verändert?
Markl: Unsere Pannenhelfer waren 2020 rund zehn Prozent weniger unterwegs als im Vorjahr. Aber unsere Pannenhelfer sind wichtiger denn je, ist doch die Aufrechterhaltung der Mobilität in Corona-Zeiten besonders wichtig. Deshalb haben wir uns als ADAC entschieden, dass Mitarbeiter aus systemrelevanten Berufen, also etwa Pflegerinnen und Pfleger, aber auch Arznei-Lieferanten die Dienste der ADAC-Pannenhilfe kostenlos in Anspruch nehmen können, auch wenn sie nicht bei uns Mitglied sind.
Ist die in den vergangenen Jahren positive Mitgliederentwicklung für den ADAC durch Corona jäh gestoppt worden?
Markl: Wir verzeichnen seit 2015 deutliche Mitgliederzuwächse. Von damals rund 19 Millionen stieg die Zahl auf über 21 Millionen im Jahr 2019. Die Corona-Krise stoppte diesen Aufwärtstrend, ein Wachstum gab es 2020 nicht. Wir haben jedoch nur 0,3 Prozent an Mitgliedern verloren und sind über der Marke von 21 Millionen geblieben. Natürlich hätten wir uns steigende Mitgliederzahlen gewünscht. Menschen legen aber in Corona-Zeiten eher Geld zurück – und natürlich waren sie wegen der Reisebeschränkungen viel weniger unterwegs. Das bekommt auch der ADAC zu spüren.
Doch ADAC-Mitglieder sind im Schnitt 50 Jahre alt. Nur 13 Prozent sind jünger als 30. ADAC-Finanzpräsident Jens Kuhfuß fordert, „es muss wieder cool und hip sein, Mitglied im ADAC zu sein“. Wie kommt der Automobilklub an die Hipster ran?
Markl: Mein Kollege Kuhfuß hat recht. Wir müssen mehr junge Leute für den ADAC gewinnen. Das ist aber nicht nur eine Frage der Coolness, sondern auch eine Frage der Angebote für junge Leute. Wir dürfen also nicht altbacken und behäbig rüberkommen. Und das tun wir auch nicht. Wir sind über die sozialen Medien erreichbar, aber eben auch noch über das Telefon. Beim Durchschnittsalter muss man aber berücksichtigen, dass unsere Mitglieder sehr treu sind und im Schnitt 21 Jahre ADAC-Mitglied bleiben. Das ist ein super Wert.
Wie geht es dem ADAC wirtschaftlich? Der Verein hat von 2017 bis 2019 operativ rote Zahlen geschrieben. Haben Sie Ihr Ziel erreicht, zumindest eine schwarze Null einzufahren?
Markl: Wir haben das Ziel erreicht. Im Jahr 2020 haben wir operativ positive Zahlen geschrieben. Dazu mussten wir ein ambitioniertes Effizienzprogramm umsetzen und unsere Mitgliedsbeiträge moderat erhöhen.
August Markl, 72, ist seit 2014 Prä sident des AutomobilClubs ADAC mit mehr 21 Millionen Mitgliedern. Der Mediziner hat nach Skandalen den ADAC reformiert und in ruhigeres Fahrwasser gebracht.