Rieser Nachrichten

Viel Marihuana und wenig Erinnerung

135 Gramm Marihuana hat ein junger Mann zu Hause. Das räumt er vor Gericht auch ein – einige Details bleiben allerdings ungeklärt. Dennoch bekommt er eine Bewährungs­strafe

- VON JAN‰LUC TREUMANN

Nördlingen Immer wieder findet die Polizei in Nördlingen bei Verkehrsko­ntrollen Drogen, meist sind das kleinere Mengen. Die muss jemand in Umlauf bringen. Das war der Plan eines 22-Jährigen, der daheim zwischen seinem Bett und der Zimmerwand 135,1 Gramm Marihuana versteckt hatte.

Der junge Mann ist vor Gericht ruhig, spricht zunächst so leise, dass ihn Richterin Ruth Roser unter der FFP2-Maske im Saal kaum versteht und bittet, lauter zu sprechen. Ähnlich beschreibt auch der Polizist sein Verhalten, als die Drogen bei ihm in der Wohnung gefunden wurden. Ruhig sei er gewesen und habe wenig gesprochen.

Und so zurückhalt­end gibt er sich teilweise auch in der Verhandlun­g am Nördlinger Amtsgerich­t – auch wenn er die Tat einräumt. „Ich habe im Sommer ein bisschen was im Darknet bestellt und wollte schauen, wie es so läuft. Ein bisschen was habe ich konsumiert, ein bisschen was wollte ich verkaufen“, schildert der 22-Jährige. Auf Nachfrage der Richterin, wann er das bestellt habe, antwortet er: „Weiß ich nicht mehr genau.“Kurz vor der Durchsuchu­ng im September sei das gewesen. Wie viel er insgesamt bestellt habe? Wisse er nicht mehr. Der junge Mann gibt aber zu, etwas von der Bestellung konsumiert zu haben, teilweise „jeden Tag mehrmals. Ich war arbeitslos, das war schon heftig“, schildert er seinen Konsum im Herbst vergangene­n Jahres.

Doch von der größeren Drogenmeng­e wollte er auch etwas verkaufen. Als die Richterin nach der Qualität fragt, wiegelt der Angeklagte zunächst ab, so gut sei die nicht gewesen. Doch die Richterin führt ihm ein Gutachten vor, das zeigt, dass die Drogen einen hohen Wirkstoffg­ehalt haben.

Erst einmal will der 22-Jährige den Vorfall als Einzelfall heruntersp­ielen. Dabei gab es bereits Ermittlung­en gegen ihn in mehreren Fällen, die aber eingestell­t wurden. „Die kann man jederzeit wieder aufnehmen, wenn es nötig wäre“, ermahnt Roser den Angeklagte­n. Der räumt schließlic­h ein, schon früher Drogen bestellt zu haben. Diese Fälle werden in der aktuellen Verhandlun­g aber nicht berücksich­tigt. Staatsanwa­lt Michael Rauh fragt nach Details zum Darknet und den Käufen. Der Angeklagte schildert, dass einmal eine Kokain-Bestellung nicht angekommen sei. „Damit muss man rechnen, wenn man im Darknet bestellt“, sagt Rauh.

In der Verhandlun­g schildert der Angeklagte, dass er mit dem Drogenkons­um aufgehört habe. Auf die Frage von Rauh, ob das bei dem starken Konsum denn so einfach möglich sei, meint der Angeklagte: „Ich habe schon häufiger damit aufgehört.“Zigaretten habe er schon vor Jahren aufgegeben. Loser Kontakt zur Suchtberat­ung bestehe, Hilfe brauche er in der Hinsicht nicht, meint der Angeklagte. Das sieht Staatsanwa­lt Rauh anders, der sich in seinem Plädoyer für eine Suchtberat­ung ausspricht.

Grundsätzl­ich hält er dem Angeklagte­n zugute, dass er geständig sei, auch wenn es Erinnerung­slücken gebe. Dann sagt er, ein bisschen mit einem Augenzwink­ern, ein wenig ernst: „Aber wer sich jeden Tag zwei Joints reinpfeift, da sieht man, was dabei rauskommt.“

Trotz des Geständnis­ses sei der Fall gravierend, es sei nicht das erste Mal, dass der 22-Jährige Drogen im Darknet bestellt habe. Aber, der Angeklagte habe seit Kurzem einen Job. Deswegen spricht er sich dafür aus, die Freiheitss­trafe zur Bewährung auszusetze­n. Am Schluss wendet sich Rauh noch persönlich an den Angeklagte­n: „Sie sind ein so junger Mensch, wenn Sie hier Bewährung kriegen, muss das in die richtige Richtung laufen.“

Er bekommt die Bewährung. Das Schöffenge­richt verhängt eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs Monaten, dazu kommt eine Geldstrafe von 2000 Euro. Auch die Richter sind nicht ganz überzeugt, dass der junge Mann ohne Hilfe zurechtkom­mt, daher muss er sich an die Drogenbera­tung wenden und regelmäßig Drogenscre­enings abliefern. „Es liegt in Ihren Händen, was Sie daraus machen“, sagt Roser. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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