Eine Gegenstimme für Bach
Der 67-Jährige ist für weitere vier Jahre ins Amt gewählt worden
Lausanne Thomas Bach verbeugte sich nach seiner digitalen Krönungsmesse vor der Video-Wand und deutete eine Umarmung für seine IOC-Getreuen an. Mit 93 Mal „Ja“und nur einer Gegenstimme ist der 67-Jährige am Mittwoch für eine letzte Amtszeit als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees wiedergewählt worden. „Ich bin überwältigt. Das berührt mich zutiefst und macht mich zugleich demütig“, sagte Bach bei der IOCGeneralversammlung ungewohnt emotional. Bis 2025 darf er nun noch im höchsten Amt des Weltsports bleiben, offiziell beginnt Bachs finale Etappe am Tag nach den Olympischen Spielen in Tokio im Sommer.
Auf eine pompöse Zeremonie nahe der Wiege Olympias in Athen, wie es das IOC eigentlich für seine 137. Session geplant hatte, musste der Ringe-Zirkel wegen der Corona-Pandemie verzichten. Stattdessen finden die dreitägigen Beratungen
per Videoschalte statt, auch Bachs Wiederwahl wurde so organisiert. Vor acht Jahren war der einstige Weltklasse-Fechter als erster Deutscher zum IOC-Präsidenten gewählt worden. Er trat damals die Nachfolge des Belgiers Jacques Rogge an.
Im IOC genießt Bach große Zustimmung. Unter seiner Führung rückten so viele neue Mitglieder in das 103-köpfige Gremium ein wie bei keinem anderen Präsidenten zuvor. Wie sehr der Deutsche den Ringe-Zirkel im Griff hat, zeigte sich erneut in einer Reihe von Lobeshymnen und Ergebenheitsadressen. „Wir haben einen Kapitän, und dieser Kapitän sind Sie“, sagte Fußball-Weltverbandschef Gianni Infantino und fügte hinzu: „Super gemacht, toll gemacht, weiter so!“
Im Zentrum des ersten Tags der Session stand die von Bach forcierte Reform-Agenda 2020, die 2014 verabschiedet worden war und das IOC und die Olympischen Spiele fit für die Zukunft machen soll. „Wir wollen die olympischen Werte bewahren und die Rolle des Sports in der
Gesellschaft stärken“, sagte Bach. Ziele des Reformkurses seien eine größere Nachhaltigkeit, der Einsatz für Flüchtlinge, mehr Gleichberechtigung der Geschlechter, der verstärkte Kampf gegen Doping und Korruption im Sport sowie Kostenreduzierungen für OlympiaBewerber und Spiele-Ausrichter.
Kritiker bescheinigen Bach indes, das IOC mehr denn je wie einen Großkonzern zu führen. Auch sein eher nachsichtiger Umgang mit Russlands staatlich organisiertem Dopingsystem wird dem IOC-Chef seit Jahren vorgeworfen. Bach räumte ein „Meer von Problemen“in seiner bisherigen Amtszeit ein.
Vor allem das Hochamt Olympia war für den Präsidenten Bach nie sorgenfrei: vom sündteuren Gigantismus von Wladimir Putins Winterspielen in Sotschi 2014 über die teils chaotischen Rio-Spiele 2016 und den vom Korea-Konflikt und vom Streit um Russland umtosten Auftritt in Pyeongchang 2018 bis zu den um ein Jahr verlegten Not-Spielen in Tokio. „Die Frage ist nicht, ob die Olympischen Spiele stattfinden, sondern wie sie veranstaltet werden“, betonte Bach mit Blick auf die anhaltenden Debatten um das Japan-Gastspiel.
„Die Frage ist nicht, ob die Olympischen Spiele stattfinden, sondern wie sie veranstaltet werden.“Thomas Bach