TVAnwalt verweigert die Maske
Ein Verteidiger stellt im Nördlinger Amtsgericht einen Antrag, dass alle Beteiligten ihre Masken abnehmen müssen. Der Anwalt ist aus dem Fernsehen bekannt
Nördlingen Nach einer Stunde verließen die Beteiligten den Gerichtssaal. Es wurde keine Anklageschrift verlesen und weder der Angeklagte noch die Zeugen hatten ausgesagt. Denn zu einer Hauptverhandlung ist es an dem Tag nicht gekommen. Der Gerichtsprozess hätte um 13.30 Uhr beginnen sollen. Doch der Strafverteidiger verspätete sich um eine halbe Stunde wegen eines Bahnproblems in Donauwörth. Als der Anwalt im Gerichtssaal ankam, nahm er an seinem Tisch Platz und zog die Maske aus. Die Richterin erklärte ihm, dass während der Verhandlung eine Maskenpflicht bestünde. Ausführlich gab der Strafverteidiger aus München zu verstehen, dass das sicher nicht notwendig sei, und reichte einen Antrag darauf ein, dass alle Verhandlungsteilnehmer verpflichtend ihre Maske abnehmen müssen. Dabei gehört das Tragen einer Maske im Nördlinger Gericht mittlerweile zum Alltag.
Eigentlich sollte am Mittwochnachmittag im Amtsgericht über die für einen Mann entschieden werden, der wegen räuberischen Diebstahls angeklagt ist. Dazu waren neben der Richterin, dem Staatsanwalt, dem Verteidiger und dem Angeklagten auch Zeugen und zwei Schöffen gekommen. Bevor es aber mit der Hauptverhandlung losgehen konnte, wurde Rechtsanwalt Stephan Lucas darum gebeten, seine Maske auch während der Verhandlung anzubehalten.
Der Münchner Anwalt, der schon in der TV-Serie Richter Alexander Hold als Strafverteidiger aufgetreten ist, kam dieser Bitte nicht nach. Es gäbe keine Verhandlung, wo man nicht jedes Gesicht sehen könnte, erklärte der 48-Jährige. Für den Fall habe er aber einen Antrag dabei, der beinhalte, dass alle Verhandlungsbeteiligten ihre Maske abnehmen müssen. Laut Lucas würden MundNasen-Bedeckungen nicht nur zur schlechten Stimmung beitragen, sondern seien aus Rechtsgründen während der Verhandlung gar nicht zugelassen. Während der Strafverteidiger den Antrag aus seinen Unterlagen heraussuchte, redete er weiter. Er würde ja die Mimik der Anwesenden nicht sehen und auch nicht erkennen, wer spricht. Die zuständige Richterin Ruth Roser appellierte an den Anwalt, nicht weiter zu sprechen, da sich die Aerosole ohne Maske ungehindert im Raum verbreiten. „Das ist mir zu gefährlich“, sagte die Richterin. Lucas erwiderte darauf, dass er sich nicht den Mund verbieten ließe und fand nach einer Viertelstunde schließlich den Antrag.
Während Lucas den Antrag vorlas, behielt er sich vor, die MundNasen-Bedeckung nicht aufzusetzen. In seinem Antrag bezog er sich auf die Rechtslage, die seit Ende 2019 ein Verbot der Gesichtsverhüllung während der gesamten Sitzung und „unabhängig von jeglichem religiösen Zusammenhang“vorsieht. Die Pflicht, die Maske nicht zu tragen, würde insbesondere für Staatsanwälte, Richter, Kläger, Nebenkläger, Zeugen und Verteidiger gelten.
Lucas trug weiter vor, dass eine Erlaubnis, die Maske zu tragen, in diesem Gerichtsprozess nicht verStrafe ordnet werden könne. Der Staatsanwalt Daniel Grimm forderte, den Antrag des Strafverteidigers abzulehnen. Er begründete das damit, dass die jetzige Infektionslage und -gefahr Umstände seien, die eine Mund-Nasen-Bedeckung zulassen. Als die Richterin das Wort an den Angeklagten wendete, ob das Ganze denn auch in seinem Sinne sei, antwortete dieser nur: „Ja, ich weiß das ja nicht so gut.“
Die Richterin und die zwei Schöffen zogen sich zur Beratung zurück. Richterin Roser lehnte den Antrag der Verteidigung nach einer Absprache ab. Die Hauptverhandlung werde verlegt, da das Gericht sich Sorgen um die Verfahrensbeteiligten mache. „Wir sehen uns dann vielleicht im Sommer wieder“, sagte Roser und schloss damit die Verhandlung. In den Maßnahmen zum Corona-Virus gibt das Bayerische Staatsministerium der Justiz an, dass in Sitzungssälen Richter in richterlicher Unabhängigkeit entscheiden, ob im Einzelfall aus Gründen des Gesundheitsschutzes eine MundNasen-Bedeckung zu tragen ist.