Eine überzeugte Streiterin für die Pressefreiheit
Nachruf Ursula Ernst-Flaskamp, langjährige Redakteurin unserer Zeitung, ist gestorben
Man konnte mit ihr, wenn es um die Sache ging, bis aufs Messer streiten. Dann entwickelte sie eine gehörige Portion Strenge und Beharrlichkeit. Aber am Ende war es nie unversöhnlich. Irgendwann lachte sie wieder und strahlte die ihr eigene Fröhlichkeit aus und ließ daran alle Kolleginnen und Kollegen im Großraumbüro der Redaktion teilhaben.
Fast 30 Jahre gehörte Ursula Ernst-Flaskamp, die alle nur „Uschi“nannten, der Zentralredaktion unserer Zeitung an, die meiste Zeit in der Bayernredaktion, dazwischen aber auch im Ressort Politik. Jetzt ist sie – viel zu früh – mit 67 Jahren gestorben.
Die gebürtige Augsburgerin war nach dem Abitur zum Studium nach Würzburg gegangen. Lehrerin für Deutsch und Englisch wollte sie ursprünglich werden. Aber dann entschied sie sich doch für den Beruf der Journalistin. Sie volontierte bei der Main-Post in Würzburg, arbeitete für diese Zeitung einige Jahre als Redakteurin, bevor sie in ihre Heimatstadt zurückkehrte.
Dort wurde in der Bayernredaktion unserer Zeitung Schule und Bildung, ein klassisches landespolitisches Thema, schnell zu ihrem Arbeitsschwerpunkt. Im Laufe der Jahre sammelte sie ein so umfangreiches Fachwissen, dass nicht nur ihre Expertise als kritische Journalistin gefragt war. Ursula Ernst-Flaskamp wurde in den Landesschulbeirat gewählt, ein Gremium zur Beratung des Kultusministeriums. Dort saß sie gemeinsam mit Vertretern der Eltern, Lehrkräfte und Schulkinder sowie weiterer Verbände. Gefragt war ihre externe Fachkompetenz, der kritische Blick von außen auf das
Schulsystem – und das in einer Zeit, als die scheinbar wichtigste Frage lautete: G8 oder G9, was ist besser für die Gymnasien?
Noch mehr Zeit investierte sie in ein anderes Ehrenamt: 20 Jahre lang gehörte sie als Vertreterin des Deutschen Journalistenverbandes dem Presserat an, jenem Organ also, mit dem die deutsche Presse über die Einhaltung ihre eigenen publizistischen Grundsätze wacht. Von 1999 bis 2000 und von 2012 bis 2014 war sie Sprecherin dieses hoch angesehenen Gremiums, neun Jahre lang leitete sie einen der Beschwerdeausschüsse. Als erfahrene Presserätin war Ursula Ernst-Flaskamp auch eine wichtige Ratgeberin ihrer eigenen Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion. „Wir haben eine überzeugte Streiterin für Pressefreiheit und Qualitätsjournalismus verloren“, sagt Sascha Borowski (Allgäuer Zeitung, Kempten), der ihr im Presserat nachfolgte und aktuell dessen Sprecher ist.
In der Redaktion war Ursula Ernst-Flaskamp (Kürzel: ute) von Beginn an auch mit zuständig für die Vergabe der Silberdistel, mit der unsere Zeitung seit 1989 Menschen in der Region würdigt, die für ihre guten Taten einen Preis verdient haben. Sie wählte mit aus, sie stellte viele dieser Menschen in einfühlsamen Porträts vor. Auch verantwortete sie viele Jahre die Modeseite.
Im Sommer 2017 ging Ursula Ernst-Flaskamp in den Ruhestand, aber ganz loslassen wollte sie damals noch nicht: Drei Jahre lang unterstützte sie noch das Korrektorat unserer Redaktion und half, vermeidbare Fehler in der Zeitung zu verhindern. Irgendwann ließ ihre schwere Krankheit dies nicht mehr zu. Die Redaktion ist sehr traurig über den Verlust einer liebenswerten Kollegin.