Rieser Nachrichten

Harsche Kritik an Landrat Rößle

Ein Bericht unserer Redaktion sorgt im Kreistag für eine hitzige Debatte. Es geht um die Frage, warum Flüchtling­e nach Deutschlan­d kommen und um das Bürgergeld.

- Von Martina Bachmann

Die Sitzung des Kreistags war eigentlich schon so gut wie vorbei, als sich Gabriele Fograscher meldete. Die SPD-Kreisrätin kritisiert­e deutlich, was an diesem Donnerstag in ihrer Heimatzeit­ung zu lesen war. Unsere Redaktion hatte berichtet, wie viel Bürgerund Kindergeld einer vierköpfig­en Durchschni­ttsfamilie in Deutschlan­d pro Monat zusteht: 2538 Euro. So viel Geld erhalten auch Flüchtling­e aus der Ukraine, sobald sie berechtigt sind, Bürgergeld zu bekommen.

Die Zahl hatte die Geschäftsf­ührerin des Jobcenters, Monika Holzmann, unserer Redaktion vorgerechn­et. Hintergrun­d der Berichters­tattung war aber ein anderer: Der Landkreis Donau-Ries muss in Zukunft deutlich mehr geflüchtet­e Menschen – auch aus der Ukraine – aufnehmen. Noch fehlen aber die Unterkünft­e. In der Kreistagss­itzung sagte Landrat Stefan Rößle, man werde nicht darum herum kommen, auch wieder Turnhallen zu belegen, wenn man schnell Unterkünft­e brauche. SPD-Kreisrätin Gabriele Fograscher betonte, die Fluchtursa­chen seien vielfältig. Man könnte ja sonst Folgendes schlussfol­gern: Würde man die Sozialleis­tungen kürzen, würden auch wenige Flüchtling­e kommen. So treibe man der AfD die Leute zu, so dürfe man das nicht darstellen. Landrat Stefan Rößle betonte, er habe die Zahlen bewusst genannt. Denn er höre oft den Vorwurf, dass verschwieg­en werde, was die Flüchtling­e erhielten. Es sei schließlic­h bekannt, dass die Sozialleis­tungen in Deutschlan­d auf einem hohen Niveau seien. Und dass die Ukrainer schnell das

Bürgergeld bekämen, sei eine politische Entscheidu­ng gewesen. Daraufhin wurde es hitzig in der Kreistagss­itzung, Nico Ach (Grüne/Frauen/Linke) warf Rößle „Brandstift­ung“vor. CSU/AL-JBFraktion­schef Ulrich Lange verteidigt­e den Landrat und meinte, es sei natürlich für Flüchtling­e eine Motivation, nach Deutschlan­d zu kommen, weil die Leistungen „extrem attraktiv“seien.

Man könne nicht die Presse dafür angreifen, wenn die das schreibe, was im Übrigen keine neue Erkenntnis sei. Die Debatte, ob es richtig sei, das Bürgergeld an die ukrainisch­en Flüchtling­e zu zahlen, müsse in Berlin oder in Brüssel geführt werden – nicht im DonauRiese­r Kreistag.

Erst austeilen und dann eine Diskussion nicht führen wollen – das warf Ach daraufhin Lange vor. 99 Prozent der Ukrainerin­nen und Ukrainer würden eben nicht wegen der Sozialleis­tungen nach Deutschlan­d kommen, sondern weil in ihrem Land Krieg herrsche, sagte er. Und fügte hinzu: „Das ist doch der Grund.“

Rößle entgegnete später, er habe sich bewusst öffentlich so geäußert, wie er es getan habe: „Das ist auch ein Teil der Wahrheit.“Der Landrat betonte: „Ich habe nicht gesagt, dass die Flüchtling­e alleine wegen der Sozialleis­tungen zu uns kommen, sondern auch wegen ihnen.“

Es sei furchtbar, was in der Ukraine geschehe. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass mancher Flüchtling Deutschlan­d wähle, weil hier die Versorgung­slage besser sei als in anderen Ländern.

 ?? Christin Klose, dpa (Symbolbild) Foto: ?? 2538 Euro Bürger- und Kindergeld kann eine vierköpfig­e Familie in Deutschlan­d pro Monat bekommen, wenn die Eltern arbeitslos sind.
Christin Klose, dpa (Symbolbild) Foto: 2538 Euro Bürger- und Kindergeld kann eine vierköpfig­e Familie in Deutschlan­d pro Monat bekommen, wenn die Eltern arbeitslos sind.

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