Der Suevit ist das Gestein des Jahres 2024
Den Schwabenstein gibt es nur im Ries, entdecken kann man ihn beispielsweise im Geopark Lindle. Beim Festakt ist Kurioses und Erstaunliches zu hören.
Das Ries ist voller Diamanten. Und doch lohnt es sich nicht, jetzt vom großen Geld zu träumen oder gar mit Schaufel und Eimer loszuziehen, um nach einem solch kostbaren Stein zu suchen. Was wiederum mit einem Stück Erdgeschichte zu tun hat – und dem Gestein des Jahres 2024, dem Suevit.
Dass der Schwabenstein diesen Titel bekommen hat, hat er dem Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG) und der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften – Geologische Vereinigung (DGGV) zu verdanken. Denn die beiden vergeben diesen Titel. Nur zum Vergleich, 2016 bekam ihn der Sand. Der wiederum ist ja fast ein Allerweltssediment. Der Suevit aber sei kein Allerweltsgestein, betonte Manuel Lapp vom BGD bei einem Festakt am Freitag im Nördlinger Rieskratermuseum. Denn den Schwabenstein gebe es nur im Ries, nirgendwo anders. Warum das so ist, erläuterte der Leiter des Rieskratermuseums, Professor Stefan Hölzl. Wobei die meisten Gäste den „Nachhilfeunterricht“wohl nicht gebraucht hätten. Fast jedes Kind im Ries weiß schließlich, dass der Krater vor rund 15 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Meteoriten entstanden ist. Und doch ist es immer wieder beeindruckend, wie dieses Geschehnis vonstattengegangen ist: Laut Hölzl traf der sogenannte Impaktor mit sage und schreibe 70.000 Stundenkilometern auf die Erde, die Impaktenergie habe mehreren 100.000 Hiroshima-Atombomben entsprochen. Die Glutwolke sei bis zu 100 Kilometer in die Höhe geschleudert worden, der Druck habe mehr als zehn Millionen bar betragen. Beim Suevit handle es sich um die versteinerte Glutwolke. Er habe „außerirdische“Merkmale, weil ein solcher Druck sonst auf der Erde nicht vorkomme, erklärte Hölzl. Ein weiterer Effekt des hohen Drucks: Es bildeten sich Diamanten. Leider nur winzig kleine, eben im Suevit.
Nun war es allerdings nicht immer so, dass die Menschen wussten, wie es zum Krater kam. Dr. Roland Eichhorn, Leiter des Geologischen Dienstes am Bayerischen Landesamt für Umwelt, führte die Gäste mit einer gehörigen Portion Humor durch eine Geschichte voller Irrungen und Wirrungen, in der der Suevit auch immer neue Namen bekam. Feuerduftstein zum Beispiel, Lakkolith oder Loccalith. Manche der
Erklärungen aus der Vergangenheit muten heute direkt seltsam an. Etwa die, wonach eine Gasblase unter dem Ries explodiert sein solle. Bekannter ist die Vulkanthese, die von Eugene M. Shoemaker und Edward Chao in den 60erJahren widerlegt wurde.
Vor 15 Millionen Jahren war der Einschlag des Meteoriten sicherlich wenig erfreulich, für nachfolgende
Generationen hatte er aber Vorteile. Ein riesiger See bildete sich zunächst, laut Hölzl war der größer als der Bodensee. Danach sammelte sich fruchtbarer Löß an. Das Ries sei eine Siedlungskammer geworden, sagte Professor Joris Peters, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns. Der Suevit sei schon von den Römern als Baustein genutzt worden, berichtete Dr. Markus Schauer von Schwenk Zement. Der Schwabenstein eigne sich unter anderem auch als Bindemittel in der Zementindustrie.
Nicht zuletzt zieht der Suevit
Menschen in die Region. Zum Beispiel ins Erlebnis-Geotop Lindle bei Holheim. Dort gibt es auch einen Kinder-Erlebnispfad des Geoparks Ries, in dem das Suevitchen die kleinen Besucher begleitet. Geschäftsführerin Heike Burkhardt stellte den Geopark den Gästen vor. Der ist seit 2022 auch Unesco Global Geopark, von der Deutschen Unesco Kommission war Gösta Hoffmann vor Ort. Er berichtete, wie viele Exkursionen es ins Ries gebe – wegen des Alleinstellungsmerkmals Suevit. Deshalb kämen auch die Astronauten zum Training in die Region, erklärte Landrat Stefan Rößle. Die müssten erst ins Ries: „Sonst brauchen die gar nicht losfliegen.“Rößle betonte, man sei riesig stolz darauf, dass der Suevit als Gestein des Jahres 2024 ausgesucht wurde. „In unserer Stadt begegnet einem der Suevit auf Schritt und Tritt“, berichtete Nördlingens Oberbürgermeister David Wittner. Der Kirchturm von St. Georg, der Daniel, sei das höchste und größte aus Suevit erbaute Gebäude. Tatsächlich getauft wurde der Schwabenstein am Freitag auch. Für das Gestein des Jahres gab es trotz winziger Diamanten aber keinen Champagner. Getauft wurde der Suevit im Steinbruch Aumühle mit Bier, genauer gesagt mit einer „Geopark Weisse“.
Der Suevit zieht Menschen in die Region.