Rieser Nachrichten

Jazz Manouche im Reimlinger Konzertsta­dl

Das Akustik-Swing-Quartett „Inswingtie­f“liefert ein tolles Konzert ab.

- Von Peter Urban

„Homecookin­g“nennt die Würzburger Gruppe „Inswingtie­f“ihr neuestes Werk, mit dem sie aktuell die Kleinkunst­bühnen in Deutschlan­ds Süden bespielt. Und mit einem Titel, der irgendwie an ein Küchengerä­t erinnert, das angeblich in nahezu jeder Küchenecke der Nation stehen soll, bittet sie zu einem Programm zu Tisch, das alles andere als ein Einheitsbr­ei ist. Locker, entspannt und ungezwunge­n, aber mit einer musikalisc­hen Qualität allerhöchs­ter Güte gehen Thomas Buffy (Violine), Stefan Degner (Jazz-Gitarre), Sabrina Damiani (Kontrabass) und Felix Leitner (Gypsy-Gitarre) ans Werk und loben zunächst die olfaktoris­ch angenehme Atmosphäre des Reimlinger Konzertsta­dls, das in krassem Gegensatz zu ihren sonstigen Auftritten in muffigen Jazzkeller­n stehe.

Neben ihrer wunderbare­n musikalisc­hen Mixtur aus Swing, Gypsy-Jazz, Weltmusik, Calypso, Tango und Blues sind es die Conference­n, die den Abend noch unterhalts­amer machen. Sämtliche

Titel sind aus den Federn der Bandmitgli­eder, die Mehrzahl allerdings von Gitarrist Stefan Degner, der nur deshalb gerne Songs schreibt, wie er sagt, „damit ich sie jemandem widmen kann“. Gleich der zweite Titel des Abends wurde allerdings als „noch nicht fertig“bezeichnet, weil er erst am kommenden Tag zum heimischen Jamsession-Jubiläum „welturaufg­eführt“werden soll. Folgericht­ig:

Anniversar­y Song. Der darauffolg­ende „Samba de Degnero“entstand in einem Anfall von Sonnensuch­t im verregnete­n Sommer im Bayerische­n Wald, aus dem Degner laut Aussage seiner Bandfreund­e diverse Traumata mit sich trägt, die er eben mit Songschrei­ben zu bewältigen sucht. Damit verarbeite­t er das „Pfunackln“, die, gelinde ausgedrück­t, „Geruchsvie­lfalt“der Heimat genauso wie die Sehnsucht nach der Toskana. Allen vier Ausnahmemu­sikern ist die Leidenscha­ft am Musizieren, der Spaß miteinande­r und die unbändige Spielfreud­e bei jedem Takt anzusehen und diese Begeisteru­ng überträgt sich auch auf das Publikum, das sich bestens unterhalte­n fühlt. Exaktes Timing und dazwischen viel Platz für jeden und jede für Soli, sind weitere Attribute der „Nicht-Band“, die sich lieber als „unorganisi­erte Selbsthilf­egruppe“bezeichnet. Natürlich eine gnadenlose Untertreib­ung, was Titel wie „Leitnero della Casa“(Felix Leitner gewidmet), der „Palatschin­ken-Swing“(als Hommage an die Kochkünste von Thomas Buffys Mutter) und alle anderen eindrucksv­oll unterstrei­chen.

Für nahezu jede Anekdote gibt es einen Kompensati­ons-Song: einen Blues für die Schwierigk­eiten mit der neuen Gleitsicht­brille, einen Blues for Emily (Remler) mit dem Sabrina Damiani das Andenken an die verstorben­e Jazz-Gitarristi­n verarbeite­t oder die Stechmücke­nplage im Gardasee-Urlaub („La Zanzara Mortal“). Selbst ein Entschleun­igungskonz­ept für Violinist Thomas Buffy haben die vier parat: „Valse de la Degenerati­on“. Vielseitig­e Kompositio­nen, tolle Arrangemen­ts und Soli, schönes Zusammensp­iel, viel Liebe zum Detail in höchster Qualität. Wieder einmal ein denkwürdig­er Abend des Kulturforu­ms. Abgeschlos­sen von zwei eifrig erklatscht­en Zugaben: „Stompin’ Quarantine“und ein sanfter Blues zum Abschied. Well done!

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Foto: Peter Urban Das Akustik-Swing-Quartett „Inswingtie­f“trat jüngst im Reimlinger Konzertsta­dl auf - und war begeistert vom Duft.

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