Wie Emily ihrer Mutter das Leben rettete
Als Monika Speckbacher mit ihrer Tochter im Auto unterwegs war, verlor sie plötzlich das Bewusstsein. Doch die 15-Jährige behielt die Nerven. Eine Polizistin spricht nun von einer „Meisterleistung“.
Monika Speckbacher hat kaum Erinnerungen an den Abend des 18. April 2024. An diesem Tag brach die dreifache Mutter gegen 18.30 Uhr plötzlich bewusstlos am Steuer ihres Autos zusammen – mitten auf der Bundesstraße B 286 hinter Schweinfurt. Hinterwandinfarkt. Auch an die folgende Zeit im Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus, an das künstliche Koma, die Intensivstation kann sich die 49-Jährige kaum erinnern. „Ich habe einen totalen Filmriss“, sagt sie. Eines aber weiß Monika Speckbacher: „Meine Tochter Emily ist meine Lebensretterin.“Das mache sie sehr glücklich – und auch sehr dankbar. Was war passiert? Monika Speckbacher ist am 18. April mit ihrer Tochter Emily auf dem Heimweg nach Untereuerheim im Landkreis Schweinfurt. Die 15-Jährige hatte Fahrstunden in
Schweinfurt, sie macht gerade den Zweiradführerschein. Die beiden reden über das Abendessen, Spaghetti mit Hackfleischsauce soll es geben. Dann sackt Monika Speckbacher auf einmal bewusstlos zusammen. Sie fällt auf das Lenkrad. Das Auto fährt weiter. „Scheiße, was mache ich jetzt?“, fragt sich Emily – und behält die Nerven. Sie greift ins Lenkrad, damit es keinen Zusammenstoß mit anderen Autos gibt. Sie stützt ihre Mutter, damit sie nicht auf sie fällt. Sie wählt den Notruf. Zum Glück wird das Auto langsamer. „Die Mama hat nicht mehr so stark auf das Gaspedal gedrückt.“
Doch wie soll die Beifahrerin das Auto anhalten? Der Mann am Notruf gibt den Tipp, die Handbremse zu ziehen. Das klappt, das Auto bleibt stehen, in Höhe der Abfahrt Schwebheim. „Ich bin fast umgekippt“, erinnert sich Emily. Monika Speckbacher hat viel Glück an diesem 18. April. Nicht nur, weil ihre Tochter so schnell reagiert.
Kurz nachdem das Auto zum Stehen gekommen ist, fährt Markus Hetterich vorbei. Er sieht Emily, die völlig verzweifelt wirkt. „Da stimmt was nicht“, denkt er sich. Und hält an. „Meine Mutter, meine Mutter“, habe Emily aufgelöst gesagt, erinnert sich Hetterich. Er sieht Monika Speckbacher auf dem Fahrersitz. Zusammen mit Emily trägt er die Bewusstlose ins Freie. Sie legen die 49-Jährige auf den Boden. Sie fühlen keinen Puls. Herzstillstand. Ein Schock. Was jetzt? Herzmassage und Mund-zu-Mundbeatmung. „Ich habe meine Mutter beatmet“, sagt die 15-Jährige und kann das immer noch nicht fassen. Dass sie die Kenntnisse aus ihrem Erste-HilfeKurs
für den Führerschein so schnell anwenden muss, hätte sie nie gedacht.
Monika Speckbacher hat noch ein weiteres Mal Glück. Dr. Klaus Dötter, Neurologe am LeopoldinaKrankenhaus, ist zufällig auf der Strecke unterwegs. Er sieht, wie Markus Hetterich und Emily Monika Speckbacher reanimieren, hält und hilft sofort. Bis der Notarzt kommt, übernimmt er die Reanimation. Mediziner Dötter ist beeindruckt, wie Emily reagiert hat, erzählt er am Telefon. Auch für Ersthelfer Markus Hetterich hat er großen Respekt. Je schneller jemand reanimiert werde, desto besser die Heilungschancen.
„Das war eine Meisterleistung“, lobt Polizistin Jasmin Kratzer Emilys Geistesgegenwart. Zusammen mit ihrem Kollegen Frank Heidel ist sie an dem Abend zufällig in der Nähe auf Streife. Die beiden sind schnell vor Ort, sichern alles ab, helfen bei der Reanimierung. „Das war emotional ziemlich mitnehmend“, erinnert sich Heidel, beeindruckt von Emilys Reaktion: „Da ziehe ich meinen Hut.“Monika Speckbacher hat überlebt. Sie hat alles gut überstanden und fängt inzwischen wieder mit dem Alltag an. „Ich bin voll dankbar“, sagt sie. Wie die Familie sie unterstützt, bewegt sie. Sie wird sich wieder ans Steuer setzen, ihre Tochter von der Fahrstunde abholen und auf der B 286 Richtung Zuhause fahren.
Was sie auch machen wird: Sich mit Ersthelfer Markus Hetterich treffen, um ihm zu danken. Mit einem Aufruf in sozialen Netzwerken hat sie nach ihm gesucht. Hetterich hat sich darüber sehr gefreut.
Ein bisschen ruhig soll sie es angehen lassen, bevor sie auf Reha geht, meint Emily: „Wir sind froh, dass die Mama wieder da ist.“Was sie im Rückblick beeindruckt, ist die Hilfsbereitschaft und die große Anteilnahme. „Die halbe Welt hat sich Sorgen gemacht.“
Glück und Zufall: Auch eine Polizeistreife ist schnell vor Ort.