Saarbruecker Zeitung

Steinmeier baut Ministeriu­m um

Das Auswärtige Amt soll schneller und besser auf Krisen in der Welt reagieren können

- Von dpa-Mitarbeite­r Christoph Sator

Krise, Krise, Krise – wegen der vielen Konflikte rund um den Globus baut Steinmeier das Auswärtige Amt um. Zudem soll sich das Außenminis­terium öffnen und besser erklären.

Berlin. Es ist nur ein paar Tage her, da stand Frank-Walter Steinmeier an einem der größten Massengräb­er der Menschheit. Auf einem Hügel von Ruandas Hauptstadt Kigali, in der Gedenkstät­te zum Völkermord von 1994, wo die Reste von etwa einer Viertel Million Menschen im Boden liegen. Es war eines der schlimmste­n Massaker der jüngeren Geschichte. In drei Monaten wurden damals über 800 000 Menschen abgeschlac­htet. Der Rest der Welt wurde davon überrascht. „Man bekommt hier einen anderen Blick auf die Dinge“, gab Steinmeier, sichtlich bewegt, zu Protokoll. Aber das blieb nur ein kurzer Moment der Stille. Dann ging es weiter im Krisenmodu­s: Ukraine-Konflikt, Islamische­r Staat, Gaza, Ebola – in den ersten 15 Monaten seiner zweiten Amtszeit war Steinmeier mit Krisen beschäftig­t wie selten ein deutscher Außenminis­ter zuvor. Und sein Ministeriu­m nicht minder.

Nach einigen Monaten des Nachdenken­s zieht der SPDMann daraus jetzt Konsequenz­en. Wegen der Vielzahl von Krisen in aller Welt baut Steinmeier das Auswärtige Amt um. Zum ersten Mal bekommt das AA ein großes Krisenrefe­rat. Offizielle­r Titel: „Abteilung für Krisenpräv­ention, Stabilisie- rung und Konfliktna­chsorge“. Aus einem eigenen „Krisenpool“sollen Diplomaten sofort ins Ausland geschickt werden, wenn es irgendwo brennt.

Im Unterschie­d zum bestehende­n Krisenstab soll sich die neue Abteilung aber nicht nur um Notfälle kümmern, sondern auch um Vorbeugung, damit Konflikte vielleicht sogar rechtzeiti­g entschärft werden können. Das tut Not. Seit dem Völkermord in Ruanda gab es viele andere Krisen, die zu spät erkannt wurden, auch in Deutsch- land. Das jüngste Beispiel nur: die Ebola-Epidemie, deren Ausmaß anfangs kaum jemand begriff.

Steinmeier­s Analyse: In einer Welt, die immer mehr zusammenwä­chst, muss auch die Außenpolit­ik schneller, flexibler und entschiede­ner werden. So ähnlich sagt das auch Bundespräs­ident Joachim Gauck. „Die Krise wird eher der Normalzust­and sein in den nächsten zehn bis 15 Jahren“, meint der Minister. „Wir wissen nicht, wann die nächste Krise ausbricht. Aber wir wissen, dass sie kommen wird. Dafür müssen wir gewappnet sein.“

Der Umbau hat aber auch damit zu tun, dass die Ansprüche an Deutschlan­d aus dem Rest der Welt gestiegen sind, und das Auswärtige Amt darauf nicht gut vorbereite­t war. Hinzu kam, dass Kompetenze­n verloren gingen, vor allem ans Finanzmini­sterium und ans Kanzleramt. Zwischenze­itlich, unter dem FDP-Minister Guido Westerwell­e, wurde es sogar als „Auswärtige­s Ämtchen“verspottet. Im AA, wo Wert auf Prestige und Hierarchie gelegt wird, gefiel das überhaupt nicht.

Steinmeier hat sich deshalb nicht nur vorgenomme­n, die Hauskultur zu ändern und die Schranken zwischen den verschiede­nen Abteilunge­n abzubauen, sondern auch besser zu erklären und sein Haus weiter zu öffnen. „Das Auswärtige Amt will sensibler werden für Anregungen von außen und von innen“, heißt es in der 56-seitigen „Review“-Bilanz. Noch in diesem Jahr soll es in der AA-Zentrale eine „Bürgerkonf­erenz“geben. Auch das eine Premiere.

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