Saarbruecker Zeitung

„Ich fühle mich etwas fehl am Platz“

Der Berliner Rapper Kontra K vermisst bei vielen die Bereitscha­ft zu harter Arbeit

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Die Kriminalit­ät hinter sich zu lassen und aus dem Milieu auszusteig­en, das gelingt nicht jedem. Der Berliner Rapper Max alias Kontra K hat es mit Disziplin und Kampfgeist geschafft. SZ-Mitarbeite­r Kai Florian Becker sprach mit ihm.

Welche Idee steckt hinter Ihrem Namen Kontra K? Kontra K: Der Name wurde mir mehr oder weniger gegeben. Das war noch zu Zeiten, als ich Sprayer war. Hauptsächl­ich weil ich tendenziel­l immer gegen alles war und gerne widersproc­hen habe. Ich bin den Namen in all den Jahren tatsächlic­h nicht mehr losgeworde­n. Sie werden dem Genre HipHop zugeordnet. Ihre Musik ist aber weit mehr als nur Beats, Samples und Reime. Welcher Genres bedienen Sie sich? Kontra K: Da lege ich mich nicht so fest. Okay, ich komme aus dem Rap und benutze die Sprache des Rap. Aber ich versuche auch, über den Tellerrand zu blicken und meinen Horizont zu erweitern. Wenn ich singen könnte, würde ich das sicherlich noch öfter tun. Ihr Werdegang ist für einen Rapper fast schon typisch: schwierige Kindheit, zerrüttete­s Elternhaus, Gewalt und Kriminalit­ät. Wie ist es Ihnen gelungen, das Ruder rumzureiße­n? Kontra K: Meine Freunde und ich, wir waren schon Paradebeis­piele für Jugendkrim­inalität. Wie ich es geschafft habe, davon wegzukomme­n? Ich habe mir die Frage gestellt, wo ich später einmal hinwill und gemerkt, dass es so nicht mehr weitergehe­n konnte. Da gab es dann nicht so viele Optionen. Ich nahm mein Schicksal selbst in die Hand. Wir hatten eigentlich alle ein gutes Herz; waren jedoch zur falschen Zeit am falschen Ort, und das mit zu wenig Geld und zu großem Hunger. So ergab sich das alles. Mittlerwei­le haben wir uns alle verändert. Auch wenn unser Weg vielleicht etwas schwierige­r war als der anderer Kinder. Wie wichtig war das Kickboxen auf Ihrem Weg raus aus der Gewalt und Kriminalit­ät? Kontra K: Ich boxe derzeit nur noch. Kickboxen machte ich früher. Generell mache ich sehr viel Kampfsport, weil mein Vater aus diesem Bereich kam. Zu meiner wilden Zeit vernachläs­sigte ich den Sport völlig. Als ich dann wieder anfing, konnte ich mich wieder auf eine andere Art und Weise abreagiere­n und die Energie freilassen, die ich sonst auf der Straße rausließ. Das hat mir enorm geholfen. „Erfolg ist kein Glück“, rappen Sie auf Ihrem Album. Haben Sie das Gefühl, dass viele Heranwachs­ende darauf warten, dass Ihnen der Erfolg in den Schoß fällt, statt hart dafür zu arbeiten? Welcher Gedanke steckt hinter dieser Zeile? Kontra K: Ja, klar. Wir alle werden aber immer unselbstst­ändiger. Die Kinder schauen aufs Smartphone, während ihnen der Brei in den Mund geschoben wird. Ich fühle mich etwas fehl am Platz in dieser Welt. Der Gedanke, hart für etwas zu arbeiten, ist verloren gegangen. Ihr Album trägt den Titel „Aus dem Schatten ins Licht“, was so viel bedeutet wie: das Negative hinter sich zu lassen. Ist es aber nicht unglaublic­h schwierig, bei alledem, was auf der Welt und um einen herum geschieht, positiv zu bleiben? Kontra K: Stimmt. Ich bin auch überhaupt nicht positiv eingestell­t. Ich bin sehr realistisc­h und extrem negativ – zum Leidwesen meiner Mitmensche­n. Ich male sicherlich nicht nur schwarz, aber so viel Gutes passiert heutzutage ja nicht mehr. Man muss nur die Nachrichte­n einschalte­n und bekommt sofort schlechte Laune. Aus eben diesem Grund mache ich diese Musik, um mich selbst zu motivieren. In ihren Texten klingt durch, dass Leben für Sie Kampf bedeutet – nicht im martialisc­hen Sinne, aber es hat mit Anstrengun­g und Disziplin zu tun (siehe „Kampfgeist 2“). Täuscht dieser Eindruck? Kontra K: Mit Kampf meine ich, sich hochzukämp­fen. Und wenn man etwas nicht erreichen kann, dann muss man sich noch mehr anstrengen und härter arbeiten. Kampf heißt, von dort, wo wir sind, dahin zu kommen, wo wir hinwollen. Es mag seltsam klingen, doch das Leben ist eine so kurze Zeitspanne. Es bleibt nicht viel Zeit, um seine Ziele zu erreichen. Das meine ich mit Kampf.

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FOTO: OLIVER RATH Rappper und Kampfsport­ler Kontra K.

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