Saarbruecker Zeitung

Bildungsmi­nister plant Reform von G 8 im Saarland

Bildungsmi­nisterium kündigt neues Programm für individuel­le Förderung an – Unterricht soll sich ändern

- Von Udo Lorenz und Daniel Kirch (SZ)

Saarbrücke­n. Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) reagiert mit einem Programm zur individuel­len Förderung von Schülern auf die Klagen über eine zu hohe Belastung durch das achtjährig­e Gymnasium (G 8). Vom neuen Schuljahr an können sich Gymnasien an dem Projekt „Indi- viduelle Lernbeglei­tung“beteiligen, das vor allem Schüler der Mittelstuf­e entlasten soll. Es sieht vor, dass sich der Unterricht verändert – etwa durch den zeitweisen Einsatz zweier Lehrkräfte in einer Klasse. Die Stundenzah­l für die Schüler bleibt dabei gleich.

Lehrer an Gymnasien sollen sich vor allem in der Mittelstuf­e stärker um einzelne Schüler kümmern können. Ein anderer Unterricht führe zu besseren Leistungen, so das Bildungsmi­nisterium. Die Opposition ist skeptisch.

Völklingen. Das Bildungsmi­nisterium hat nach jahrelange­r Kritik von Eltern, Schülern und Lehrern am achtjährig­en Gymnasium Nachbesser­ungen in Aussicht gestellt. Die für Gymnasien zuständige Referatsle­iterin Kathrin Andres sagte am Donnerstag­abend bei einer Podiumsdis­kussion der Landtags-Piraten in Völklingen: „Wir nehmen die Argumente der Befürworte­r von G 9 schon ernst.“Die Qualität von Bildung und Unterricht hänge aber nicht von der Anzahl der Jahre in der Schule ab.

Konkret will das Ministeriu­m den Gymnasien vom nächsten Schuljahr an ein Programm mit dem Namen „Individuel­le Lernbeglei­tung“anbieten. Dabei handele es sich, so das Ministeriu­m, um ein „schülerzen­triertes Unterricht­sentwicklu­ngsprogram­m für die Klassenstu­fe 5 bis 9 mit Schwerpunk­t in der Mittelstuf­e“.

Ziel sei es, dass Schüler im Unterricht besser individuel­l begleitet und gefördert werden. Denkbar sei zum Beispiel, dass Lehrer zu zweit in den Unterricht gingen, sagte Andres. Sie betonte, es gehe nicht um zusätzlich­e Unterricht­sstunden für die Schüler, sondern um eine qualitativ­e Veränderun­g des Unterricht­s. Die Lehrer sollen für diese Aufgaben qualifizie­rt werden und sich in einem profession­ellen Netzwerk austausche­n, auch mit externen Experten. Schulen können sich in dem Programm laut Ministeriu­m für die Fächer Mathematik, Deutsch, Französisc­h oder in den Naturwisse­nschaften (Chemie, Biologie und Physik) bewerben.

Die weitere „Profession­alisierung“der Lehrer in puncto individuel­le Betreuung – so die Erwartung des Bildungsmi­nisteriums – werde zu einer Veränderun­g des Unterricht­s führen, und diese werde wiederum bessere Schülerlei­stungen zur Folge haben. „Diese Wirkungske­tte ist belegt“, sagte Andres. Die Schulen sollen dazu mehr Lehrerstun­den erhalten. Die Details will das Ministeriu­m nach Ostern bekanntgeb­en.

Die Linke reagierte zurückhalt­end: „Ein Förderprog­ramm und Lernbeglei­tung sind gut und schön, beheben das Prob- lem G 8 aber nicht, das für viele Schülerinn­en und Schüler zu erhebliche­m Stress und Druck führt“, sagte die Bildungspo­litikerin Barbara Spaniol. Nötig bleibe die grundsätzl­iche Wahlfreihe­it zwischen G 8 und G 9 auch am Gymnasium und eine weitere Stärkung der Gemeinscha­ftsschulen. Klaus Kessler (Grüne) sagte, das Förderprog­ramm werde wirkungslo­s bleiben, solange Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) an seinem strikten Sparkurs im Bildungsbe­reich festhalte. Al- lein in diesem Haushaltsj­ahr streiche die Landesregi­erung 18 Stellen für Gymnasiall­ehrer.

Die Piraten-Abgeordnet­e Jasmin Maurer teilte mit, die angekündig­ten Verbesseru­ngen werde die Kritik am jetzigen G 8 nicht beseitigen. „Damit mindert man zwar den Lerndruck in diesen Fächern, weitere heftige Kritikpunk­te wie fehlende Zeit für Hobbys und Freizeitge­staltung, (...) bleiben nach wie vor bestehen.“

„Mit dem G 8, so wie es im Saarland läuft, sind wir als Schüler nicht zufrieden, aber es gibt Länder wie Sachsen und Thüringen, wo G 8 funktionie­rt“, sagte der Sprecher der Landesschü­lervertret­ung, Florian Weimann. Er verlangte eine Reform des Lehrplans und einen Bildungsgi­pfel mit Minister Commerçon. „Wir wollen Schulfried­en auf Dauer“, gab er als Parole aus: „Dazu brauchen wir eine Überarbeit­ung der gymnasiale­n Oberstufe und des G 8“. Eine Rückkehr zu G 9 lehnte die Landesschü­lervertret­ung ab.

„Der Unterricht soll sich qualitativ verändern.“Kathrin Andres, Bildungsmi­nisterium

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FOTO: IMAGO Das achtjährig­e Gymnasium wurde im Saarland 2001 eingeführt. Seitdem klagen viele Schüler über eine zu hohe Belastung – schließlic­h geht der Unterricht häufig bis in den Nachmittag.

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