Saarbruecker Zeitung

Der Kréich gewwt ganz stéll

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Ergänzend zu dem Wort „Dullesjer“leitete Sonja Jungbluth aus Merzig uns eine Anmerkung von H. Alexander weiter. Er erinnert sich, dass man zur „Saarfranke­nzeit“ein Kupfergeld­stück (etwas kleiner als unser 5-DM-Stück) als „Dulles“bezeichnet­e.

Wir hatten unlängst „gräädsisch“kennen gelernt als Wort für unleidlich, mürrisch, wenn es auf Menschen angewendet wird; wenn „gräädsisch“sich auf Lebensmitt­el bezog, dann waren diese schimmlig. Nach Meinung von Uwe Krämer aus St. Wendel handelt es bei diesem Mundartwor­t eigentlich um zwei Wörter; er schreibt, „grääzich“= verschimme­lt heiße in St. Wendel „gròòzich“, komme also von „gròò“= grau. Hingegen stamme „grääzich“= unleidlich von mittelhoch­deutsch „graz“= wütend, zornig und dessen Nebenforme­n „graezlich, grazzach“ab. Zu letzterem gebe es für mürrische Personen die Wörter „Grääz, Grääzbagge, Grääzbäide­l, Grääzbógge­l und Grääzkòpp“.

Gérard Carau aus Beckingen ist wie viele Mundartdic­hter von Beruf Lehrer. Als Sohn eines lothringis­chen Vaters und einer saarländis­chen Mutter ist er wie kein Zweiter prädestini­ert, die grenzüberg­reifende Zeitschrif­t „Paraple“als Redakteur zu gestalten. Nun hat er unter dem Titel „Straauobsc­hd“seine Prosa-Texte und Gedichte, die im Lauf der Zeit im „Paraple“und anderen Medien erschienen waren, sowie einige ganz neue Texte als Buch veröffentl­icht.

Der Dichter geht mit wachen Augen durch die Welt; er bildet sich seine Meinung zum Tages-

ANZEIGE geschehen und hält nicht zurück mit seiner Kritik, insbesonde­re an der Politik. Ein Beispiel von vielen ist das Haiku „Fortschrit­t I“: „Drohnen am Himmel / Der Kréich gewwt ganz stéll / De Jets woaren zou läschdisch.“Aufmerksam beobachtet er auch die Natur, wie in dem Gedicht „Summer“: „Schwalwen / bläddern von de Wännen / krääsen schráijen / schráijen krääsen / schnappe warme Wénd // Néschder / plärre Brout // Onn aus alle Wénkeln / schwétzt et Lääwen.“Zu Gérard Caraus Prosa-Texten gehören Bearbeitun­gen und Übertragun­gen von Homer, Kafka, Brecht und Borchert. Sehr frei nach Kafkas „Das Schweigen der Sirenen“beginnt Caraus Nachdichtu­ng „Der Feischling Osysseus“: „Óff seiner Irrfahrt iwwer zehn Joar / quer durch et Mittelmeer / hämm zou seiner Fraa Penelope / ónn seinem Sohn Telemachos / (awwer wóllt er wérklich hämm?) / éss der Odysseus bei de Sirenen vorbeikómm.“

Der lothringis­che Dichter Jean-Louis Kieffer schreibt in seinem Vorwort zu dem Buch: „Machen em Gérard sein Bouch óff un lesen, dann spieren der de Kraft von user moselfränk­isch Spròòch.“Dem bleibt nur hinzuzufüg­en, dass man sich außer an der kraftvolle­n Sprache auch an den vielen schönen Fotos und Zeichnunge­n erfreuen kann. Das Buch ist erhältlich im Buchhandel sowie bei Gau un Griis unter www.gaugriis.com und beim Autor (gcarau@aol.com), 15 Euro. Fragen und Hinweise per E-Mail an heimat@sz-sb.de.

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