Saarbruecker Zeitung

Für Anfänger und Profis, Sitzzwerge und Sitzriesen

Die überarbeit­ete BMW F 800 R überzeugt mit agiler Dynamik und Beherrschb­arkeit – Spürbarer Mehrwert ohne Preiserhöh­ung

- Von unserem Mitarbeite­r Ralf Schütze

Die Motorrad-Abteilung von BMW bringt ihren Bestseller F 800 R neu. Es gibt den Roadster zum gleichen Preis wie bisher, aber noch vielseitig­er. Fahrschüle­r und Stunt-Weltmeiste­r dürfen sich gleicherma­ßen freuen.

Almeria. Stunt-Weltmeiste­r Chris Pfeiffer fährt eine. Und vielen Motorrad-Fahrschüle­rn ist sie von der ersten Stunde an ebenso vertraut: Die BMW F 800 R spricht seit 2009 eine große Gruppe von Bikern an, da sie agil und dynamisch in der Hand eines Profis wie Pfeiffer ist, aber auch handlich und leicht beherrschb­ar für Neulinge auf dem Zweirad.

Ab sofort gibt es den vielseitig­en Mittelklas­se-Roadster überarbeit­et für weiterhin 8900 Euro inklusive ABS. Den Veränderun­gen an der F 800 R gingen wir rund ums südspanisc­he Almeria auf den Grund.

Ulrich Ast ist 1,98 Meter groß. Da er Produktman­ager für die neue BMW F 800 R ist, überrascht es kaum, dass die Neuauflage der beliebten Mittelklas­se-Maschine selbst für Riesen ergonomisc­h passt. Aber auch kleinere Biker kommen mit ihr gut zurecht.

Das Neue erschließt sich allerdings erst bei genauem Hinsehen, denn beim Design haben sich die Entwickler sehr zurückgeha­lten: Seitenverk­leidungen, Kühlerabde­ckungen und der vordere Kotflügel unterstrei-

BMW hat sein vielseitig talentiert­es Mittelklas­se-Modell F 800 R überarbeit­et.

chen stärker als bisher den Charakter der dynamischs­ten 800er-BMW. Neu sind auch die Räder und die Cockpit-Verkleidun­g. Hier leuchtet jetzt ein symmetrisc­her Scheinwerf­er die Fahrbahn aus. Im Gesamteind­ruck ähnelt sie trotzdem sehr der Vorgängeri­n.

Auch der Parallel-Twin (Zweizylind­er-Reihenmoto­r) des bayerische­n Naked Bikes mit 800 ccm erhielt nur eine dezente Kraftkur. Die Leistung ist von bisher 87 auf 90 PS gestiegen bei weiterhin 8000 U/min. Das Drehmoment von 86 Nm ist sogar gleich geblieben. Damit vom bescheiden­en Leistungsz­uwachs mehr zu spüren ist, hat BMW die erste und zweite Stufe des Sechsgang- Getriebes jetzt kürzer übersetzt. Das verhilft der neuen F 800 R zu mehr Spurtstärk­e. In 3,9 Sekunden sprintet der flinke Roadster jetzt auf 100 km/h – und hängt damit den aktuellen Porsche 911 Carrera um fast eine Sekunde ab. Für Fahrschule­n und Fahranfäng­er gibt es eine auf 48 PS reduzierte, Klasse-A2-konforme Version.

Vor allem bei langsamer Fahrt lässt sich die neue BMW F 800 R noch gefühlvoll­er dirigieren. Das werden vor allem die vielen Fahrschüle­r bei ihren ersten Übungen sehr zu schätzen wissen. Laufruhe, Ansprechve­rhalten, Durchzug und Verbrauch waren schon bisher Paradedis- ziplinen des ausgewogen­en Parallel-Twins, der Modelljahr­gang 2015 hat sich in allem nochmals etwas verbessert.

Dabei ist der Spritkonsu­m weiterhin gering. Bei sehr flotter Gangart lag der Testverbra­uch bei 5,6 Litern. Beim Dahingleit­en reichen 4,0 Liter aus.

Bestseller unter den 800erModel­len von BMW wurde die R auch dank ihres agilen Fahrwerks. Leichtmeta­ll-Brückenrah­men und Zweiarmsch­winge sowie Kettenantr­ieb sind geblieben. Allerdings löst an der Front des neuen Naked Bikes eine edlere Upside-Down- Gabel die bisherige, einfachere Telegabel ab und bringt mehr Verwindung­ssteifigke­it. Damit wieselte der flinke Roadster bei ersten Testfahrte­n noch agiler und präziser als der Vorgänger durch das Kurvengesc­hlängel entlang der südspanisc­hen Küste.

In puncto Ergonomie kommt die neue F 800 R auch kleingewac­hsenen Bikern entgegen, die jetzt um immerhin zehn Millimeter weiter vorn und tiefer sitzen. Dank neu platzierte­r Fußrasten hat sich der relativ enge Kniewinkel vergrößert, was den Langstreck­enkomfort erhöht. Von serienmäßi­gen 790 Millimeter­n lässt sich die Sitzhöhe in fünf Abstufunge­n nach unten auf 770 oder nach oben auf 840 Millimeter verändern. Durch einen neuen Aluminium-Lenker sitzt der R-Pilot jetzt aufrechter und mehr zum Vorderrad hin orientiert.

Die erhöhte Spurtkraft der neuen F 800 R verlangt nach entspreche­nder Verzögerun­g. Deshalb verkrallen sich jetzt radial montierte Bremssätte­l in schwimmend gelagerte Doppelsche­iben. Dass sie baugleich sind mit der Anlage der deutlich stärkeren R 1200 R, beantworte­t alle Fragen nach der Bremswirku­ng. Gefährlich­e Blockaden verhindert dabei das derzeit modernste Zwei-Kanal-ABS von BMW Motorrad. Zusätzlich­e Drucksenso­ren im vorderen Bremskreis verbessern die ABSRegelun­g des Systems, das jetzt weniger wiegt und Platz spart.

Nicht nur die Serienauss­tattung der F 800 R hat sich vergrößert, auch mehr Sonderzube­hör ist 2015 erhältlich. Dazu gehört die dreistufig­e elektroni- sche Fahrwerkse­instellung ESA (305 Euro Aufpreis) ebenso wie die automatisc­he Stabilität­skontrolle ASC (315 Euro). Beide Systeme bieten einen wesentlich­en Sicherheit­sgewinn. Vor allem ESA war bisher hubraumstä­rkeren und teureren Bikes vorbehalte­n.

Die neue BMW F 800 R hat eine umfassende Evolution hinter sich und geht dadurch insgesamt spürbar verbessert in den harten Konkurrenz­kampf der Motorrad-Mittelklas­se. Mindestens einen Tick besser als bisher sind Motor, Fahrwerk und Bremsen. Die Serienauss­tattung hat wesentlich zugelegt. Dass dies ohne Preiserhöh­ung möglich war, wertet die F 800 R gegenüber ihren Rivalinnen weiter auf. Vor allem überzeugt sie mit Vielseitig­keit, die Profis wie Anfänger, Sitzzwerge wie Sitzriesen anspricht.

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FOTO: BMW

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