Der Wahlsieger ist auf Partnersuche
Der Liberale Juha Sipilä hat die Wahl in Finnland gewonnen, ist bei der Regierungsbildung aber möglicherweise auf Rechtspopulisten angewiesen
Kann ein Politik-Neuling Finnland aus der Krise führen? Wohl nicht allein. Während die Populisten an der Regierungstür klopfen, hält sich der liberale Wahlsieger zurück. Doch der IT-Millionär braucht schnell einen Plan.
Helsinki. Was Auftritte auf dem politischen Parkett angeht, ist Finnlands nächster Regierungschef noch unbeholfen. Nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl lässt der frühere Unternehmer Juha Sipilä andere reden: NochMinisterpräsident Alexander Stubb, der sich verbrüdernd und großherzig gibt. Und den Rechtspopulisten Timo Soini, der mit seiner Partei der Finnen nach dem zweiten Wahlerfolg in Folge endlich in die Regierung will.
Doch Sipiläs Partei hat die Wahl gewonnen – und damit das Recht, den Ministerpräsidenten zu stellen. Deshalb muss er nun sagen, wo die Reise für Finnland hingeht. Eine Mammutaufgabe für den Liberalen: Sein Land steckt in einer Wirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, wichtige Reformen scheiterten, und die EU-Sanktionen gegen Russland belasten das Verhältnis zum Nachbarn.
„Die finnische Situation ist sehr schwierig, und es wird ein Zehn-Jahres-Projekt werden, Finnland zu verändern“, sagt Sipilä nach der Wahl vor internationalen Journalisten in holprigem Juha Sipilä Englisch. „Wir brauchen Einschnitte, Reformen und Wachstum.“Ein Mantra, das der 53Jährige in den letzten Wochen zigmal wiederholt hat. Darin ist sich Sipilä mit dem Konservativen Stubb einig.
Der smarte Regierungschef, der mehrere Sprachen fließend beherrscht, macht nicht den Eindruck eines Wahlverlierers. Ein Wahltag sei schließlich immer ein „Feiertag“, sagt er, bevor er seinem Herausforderer fair zum Sieg gratuliert. Und fügt am Ende hinzu, als wäre das nicht klar: „Die Regierungs- verhandlungen wird Herr Sipilä in den nächsten Wochen führen.“Freilich mit dem Hintergedanken: Und wir wollen mitmischen. Mit 21,1 Prozent der Stimmen war der Sieg der Liberalen alles andere als eindeutig. Dicht dahinter folgen schon die Konservativen (18,2 Prozent) und die Rechtspopulisten (17,6 Prozent), die zwar prozentual weniger Stimmen bekommen haben, im neuen Parlament aber trotzdem einen Sitz mehr als die Konservativen haben – und damit zweitstärkste Partei sind. „Man kann keine Regierung ohne uns bilden“, sagt die Parteisekretärin der „Wahren Finnen“, Riika Slunga-Poutsalo, gestern. „Wir Alexander Stubb wollen dabei sein – und die große Frage ist, was für ein Programm die neue Regierung hat.“
Der millionenschwere Ex-Firmenboss Sipilä will Finnland wie ein Unternehmen managen – aber wie genau das aussehen soll, dazu hat er bisher nur wenig gesagt. Dazu, dass Sipilä zunächst eher nachdenklich als euphorisch wirkt, trägt wohl auch ein Schicksalsschlag bei: „Ich muss sagen, dass ich eine sehr schwierige Zeit hatte, weil mein Sohn vor zwei Monaten gestorben ist.“Sein jüngstes Kind hatte Komplikationen bei einer Operation nicht überlebt. Die Trauer lastet Sipilä auf der Seele.
Doch Sipilä will sich beeilen: Um den 1. Mai soll die neue Regierung stehen. dpa