Saarbruecker Zeitung

Union will Streikrech­t beschränke­n

CDU/CSU-Wirtschaft­sflügel befeuert nach Streikdroh­ung der Bahngewerk­schaft GDL die Debatte um Tarifeinhe­it

- Von SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter

Nachdem die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL bei der Deutschen Bahn erneut Streiks angekündig­t hat, drängt der Wirtschaft­sflügel der Unions-Bundestags­fraktion auf eine Reaktion per Gesetz.

Berlin. Die neuerliche StreikAnkü­ndigung der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL hat die Debatte über das umstritten­e Gesetz zur Tarifeinhe­it neu entfacht. Dem Wirtschaft­sflügel in der Unionsfrak­tion des Bundestage­s geht die Vorlage von Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) zur Eindämmung des Einflusses kleiner Spartengew­erkschafte­n nicht weit genug. Er verlangt eine ausdrückli­che Beschränku­ng des Streikrech­ts.

Die politische Sprengkraf­t der Neuregelun­g hatte die große Koalition Anfang März zu spüren bekommen. Damals zogen Mahnwachen vor den Parteizent­ralen von CDU und SPD in Berlin auf. Mit der Aktion protestier­ten Mitglieder kleinerer Gewerkscha­ften, weil sie ihre Organisati­onen durch das geplante Gesetz existenzie­ll bedroht sehen. Die Verabschie­dung des Gesetzes im Bundestag ist für den 22. Mai vorgesehen. Im Kern geht es um Fälle, in denen konkurrier­ende Gewerkscha­ften für dieselben Beschäftig­tengruppen Lohnabschl­üsse durchsetze­n wollen und sich untereinan­der nicht einigen können.

Im aktuellen Konflikt bei der Bahn betrifft das zum Beispiel die Lokrangier­führer, die bislang von der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft EVG vertreten wurden und für die sich nun auch die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL zuständig fühlt, um ihre Machtposit­ion auszubauen. Geht es nach Nahles, ist hier nur der Tarifvertr­ag anwendbar, den die Arbeitgebe­r mit der mitglieder­stärksten Gewerkscha­ft abschließe­n. Von einer Einschränk­ung des Streikrech­ts ist zwar nicht die Rede, aber ein Arbeitskam­pf läuft ins Leere, wenn der Tarifvertr­ag am Ende nur ein Papiertige­r ist. Deshalb zweifeln die Gegner auch an der Verfassung­smäßigkeit des Gesetzes. Die GDL hat bereits eine Klage in Karlsruhe angekündig­t.

Der Wirtschaft­sflügel der Union setzt nun noch eins drauf. Nach einem EckpunkteP­apier, das unter anderem von Fraktionsv­ize Michael Fuchs unterzeich­net ist, soll die Unzulässig­keit von Streiks im Gesetz selbst geregelt „und nicht in der Begründung versteckt werden“. Darüber hinaus wollen Fuchs & Co „spezifisch­e Vorschrift­en für die Daseinsvor­sorge“durchsetze­n. Konkret sind damit Beschränku­ngen des Streikrech­ts in Bereichen wie Luft- und Bahnverkeh­r, Energie- und Wasservers­orgung, medizinisc­her Versorgung sowie Erziehung und Kinderbetr­euung gemeint. Für diese Sektoren soll ein Schlichtun­gsverfahre­n vorgeschri­eben werden, wenn die Tarifverha­ndlungen gescheiter­t sind. Obendrein müssen Streiks vier Tage vorher angekündig­t werden. „Es geht um die Zukunft der Tarifeinhe­it, und da muss die besondere Situation bei der Daseinsvor­sorge berücksich­tigt werden“, hieß es gestern beim Wirtschaft­sflügel. In anderen europäisch­en Ländern gebe es dazu bereits Regelungen. Deshalb bestehe hier Nachholbed­arf. Juristisch­e Bedenken weist man zurück. Das Papier sei von Rechtswiss­enschaftle­rn geprüft worden.

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