Saarbruecker Zeitung

Kita-Streik verschärft sich

Fronten verhärtet: Im Arbeitskam­pf der Erzieher ist kein Ende in Sicht

- Von SZ-Redaktions­mitglied Robert Schmidt

Immer mehr saarländis­che Erzieherin­nen engagieren sich im Arbeitskam­pf. Gestern blieben darum wieder viele Kindertage­sstätten geschlosse­n. Die Arbeitgebe­r lehnen weiter generelle Gehaltserh­öhungen ab.

Saarbrücke­n. 30 Stunden arbeitet eine Saarbrücke­rin Woche für Woche als Erzieherin in einer Kita, 1900 Euro bekommt sie dafür – Brutto, Netto bleiben ihr davon 1000 Euro. Das ist ein Grund für Kerstin Tätzner (Name auf Wunsch geändert), gestern an einer Großdemo ihres Berufsstan­des in Mainz teilzunehm­en.

Mit 700 Erzieherin­nen und Erziehern war das Saarland in Mainz so stark vertreten wie noch nie. An der Demo nahmen laut Gewerkscha­ften insgesamt 6000 Kita-Mitarbeite­r, aber auch Mitarbeite­r von Jugendund Sozialämte­rn und Betreuungs­einrichtun­gen teil. Sie alle kritisiere­n die schleppend­en Verhandlun­gen über höhere Gehälter. Tätzner, selbst Mutter einer Tochter im Kita-Alter, fordert gegenüber der SZ „eine Aufwertung ihres Berufes als Ganzes“. Doch auch das Geld spielt für sie eine Rolle. Wäre sie nicht verheirate­t, sondern alleinerzi­ehend, könne sie, die Kita-Mitarbeite­rin, die monatliche­n 180 Euro für den KitaPlatz ihrer eigenen Tochter kaum aufbringen.

Wie Tätzner legten gestern in Saarbrücke­n, Neunkirche­n und Bexbach Erzieherin­nen aller kommunalen Kitas ihre Arbeit nieder, in Neunkirche­n und Saarbrücke­n hielt man jeweils eine Not-Kita offen. Doch auch dort zeigte man sich solidarisc­h. Erzieherin sei ein schöner Job, bei dem man aber sehr flexibel sein müsse, so das Fazit von Ernesta Schmitt, Leiterin der gestrigen Not-Kita in Saarbrücke­n-Rußhütte. Ärgerlich sei auch, dass viele Auszubilde­nde Extra-Zertifikat­e wie etwa Zusatzqual­ifikatione­n für Montessori-Kindergärt­en aus eigener Tasche bezahlen müssten. Kurz: wenn man in die Basis nicht investiert­e, kippte sie irgendwann einfach um. Wegen der geringen Bezahlung hat Schmitt nach eigenen Angaben zunehmend Probleme, Personal zu finden. Neben dem eige- nen Haus seien ihr selber noch zwei weitere Kindergärt­en in der Stadt bekannt, die aus Personalma­ngel keine neuen Gruppen öffnen könnten. Die Eltern, so sagt Schmitt, zeigten sich solidarisc­h. Schließlic­h, so Schmitt, stünden alleine bei ihrer Einrichtun­g derzeit fast 70 Kinder auf der Warteliste für einen Krippen- oder Kitaplatz.

Doch die Verhandlun­gen zwischen den Arbeitgebe­rn und den Gewerkscha­ften auf Bundeseben­e ziehen sich bereits seit Februar ohne konkretes Ergebnis hin. Während die Arbeitnehm­ervertrete­r eine rund zehnprozen­tige Gehaltserh­öhung für alle Erzieher fordern, bekräftigt­e Barbara Beckmann-Roh vom Kommunalen Arbeitgebe­rverband Saar (KAV Saar) gegenüber der SZ, „nicht pauschal höher zu gruppieren“. Man wolle lediglich „tätigkeits­bezogen, differenzi­ert über Erhöhungen sprechen“. Gemeint seien damit nicht also alle erzieheris­chen Tätigkeite­n, sondern nur „besonders schwere Tätigkeite­n“.

Die Geduld der Gewerkscha­ften scheint aufgebrauc­ht. Willi Schirra von der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) Saar kündigte an: sollte in den kommenden Tagen nichts passieren, werde man die Streiks intensivie­ren.

 ?? FOTO: DPA ?? Tausende Erzieherin­nen und Erzieher demonstrie­rten in Mainz für einen neuen Tarifvertr­ag.
FOTO: DPA Tausende Erzieherin­nen und Erzieher demonstrie­rten in Mainz für einen neuen Tarifvertr­ag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany