Aufschwung in Deutschland setzt sich fort
Regierung erwartet steigende Löhne – Gabriel warnt vor „Selbstgefälligkeit“
Die Wirtschaft brummt, die Früchte des Aufschwungs kommen bei den Bürgern an. Das sagt Wirtschaftsminister Gabriel – und warnt zugleich davor, sich zurückzulehnen. Berlin. Rekordbeschäftigung, steigende Löhne und nach oben korrigierte Konjunkturprognosen: Die deutsche Wirtschaft glänzt mit einem robusten Aufschwung. Für dieses und das nächste Jahr erwartet die Bundesregierung einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um jeweils 1,8 Prozent. Damit hat auch die Koalition ihre bisherige Schätzung von 1,5 Prozent für 2015 deutlich angehoben – allerdings weniger stark als führende Wirtschaftsforscher, die mit 2,1 Prozent kalkulieren.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte gestern angesichts der guten Aussichten aber vor Selbstgefälligkeit. „Wirtschaftlicher Erfolg ist kein Selbstläufer“, sagte der Vizekanzler bei der Vorlage der neuen Frühjahrsprognose. „Wir müssen vor allem daran arbeiten, unsere mittelfristigen Wachstumsperspektiven zu verbessern.“Gabriel hat dabei vor allem Investitionen in Bildung und Forschung sowie in die Infrastruktur im Blick.
In ihrer Prognose geht die Regierung von einem weite- Sigmar Gabriel ren Job-Zuwachs aus – in diesem Jahr um 300 000 Personen und 2016 um weitere 130 000 auf den Rekord von 43,1 Millionen Erwerbstätigen. Die Zahl der Arbeitslosen werde auf 2,79 beziehungsweise 2,77 Millionen sinken.
Die Beschäftigten haben auch mehr Geld in der Tasche: Die Nettolöhne und -gehälter nehmen der Prognose zufolge in diesem Jahr um 2,8 Prozent und im kommenden Jahr um 2,1 Prozent zu. Damit dürfte auch der Privatkonsum kräftig zulegen. Die Früchte des Aufschwungs kämen bei den Bürgern an, meinte Gabriel. „Tragpfeiler des Aufschwungs sind private Konsumausgaben“, erklärte er. Dies unterscheide diesen Aufschwung von früheren.
Auch der im Januar eingeführte Mindestlohn hat nach Ansicht des SPD-Chefs die Kaufkraft gestärkt. Der Wirtschaftsverband DIHK hielt dagegen, gerade der Mindestlohn gefährde die gute Arbeitsmarkt-Entwicklung. Die Linkspartei kritisierte, vom höheren Wachstum profitierten nicht alle Bürger. „Während sich Superreiche über Vermögenszuwächse im zweistelligen Bereich freuen können, gibt’s bei der Kindergelderhöhung nur Brosamen“, sagte Fraktionsvize Klaus Ernst.