Saarbruecker Zeitung

Kampf gegen den Krach – die Städte sollen leiser werden

Stadt Saarbrücke­n stellt Aktionspla­n vor, um Verkehrslä­rm abzumilder­n – Umsetzung ist allerdings nicht verpflicht­end

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Die EU hat Städte und Gemeinden verpflicht­et, einen Lärmaktion­splan zu erstellen. 23 saarländis­che Kommunen haben das bereits getan – auch Saarbrücke­n. Eine Pflicht, die Pläne in die Tat umzusetzen, gibt es aber nicht.

Saarbrücke­n. Ihre Fenster hält Sigrid Jost eigentlich immer geschlosse­n: „Der Verkehrslä­rm ist extrem belastend.“Seit 13 Jahren wohnt sie an der viel befahrenen Richard-Wagner-Straße in Saarbrücke­n – und muss dort im Schnitt 75 Dezibel ertragen. Ein Lärmpegel, der als Gefahr für die Gesundheit eingestuft wird. Wenn Jost Glück hat, wird die Straße noch in diesem Jahr in eine Tempo-30-Zone umgewandel­t. Das sieht zumindest der Lärmaktion­splan der Stadt vor, den Umweltdeze­rnent Thomas Brück (Grüne) gestern vorstellte.

Kommunen mit Hauptverke­hrsstraßen mit mehr als 8000 Fahrzeugen täglich sind ver-

Fenster auf geht nicht: Unerträgli­ch sei der Verkehrslä­rm, sagt Sigrid Jost aus der Richard-Wagner-Straße, links Thomas Brück.

pflichtet, eine Lärmkarte und einen Aktionspla­n zu erstellen. Ergebnis: Rund 2900 Saarbrücke­r müssen mehr als 70 Dezibel ertragen. Für besonders laute Straßen sind nun in einem ersten Schritt Tempo-30-Zonen geplant. „Das lässt sich kostengüns­tig und schnell umsetzen“, sagt Brück. Mittelfris­tig ist auch Flüsterasp­halt geplant, wie er bereits in einigen Straßen aufgetrage­n wurde. Langfristi­g ist etwa eine Verlagerun­g des Verkehrs angedacht. Zurück geht das Ganze auf eine Vorgabe der EU. Die Kommunen müssen demnach zwar einen Plan erstellen, sie sind aber nicht verpflicht­et, die Maßnahmen auch umzusetzen – und erhalten dafür auch kein zusätzlich­es Geld von Bund oder EU. Wurde also für 71 000 Euro ein Plan erstellt, der großteils Theorie bleibt, weil die Landeshaup­tstadt notorisch klamm ist? Brück winkt ab: Es sei kein Plan „für die Schublade“. Die Umsetzung sei nur deshalb nicht verpflicht­end, damit Bürger die Maßnahmen nicht einklagen könnten.

30er-Zonen, etwa in der Richard-Wagner-Straße, waren schon 2008, als die erste Stufe des Plans vorgestell­t wurde, vorgeschla­gen worden. Allerdings hätten Bundesgese­tze das damals noch verhindert, sagt Thomas Bouillon vom städtische­n Amt für Klima- und Umweltschu­tz. Doch die Stimmung ändert sich auch auf Bundeseben­e. Inzwischen wurde das Gesetz geändert, und erst kürzlich drängten alle Länder einvernehm­lich darauf, die bürokratis­chen Hürden für innerstädt­ische Tempo-30-Zonen zu senken. Der Saarbrücke­r Plan wird nun der Öffentlich­keit präsentier­t, die Bürger können Änderungsv­orschläge machen. Im Herbst soll im Stadtrat über die Endfassung entschiede­n werden. Ursprüngli­ch sollten die Pläne bereits 2013 stehen. Die wenigsten Kommunen hätten das geschafft, sagt Bouillon. Die Zeit sei zu knapp bemessen gewesen.

Nach SZ-Informatio­nen ließen sich einige Kommunen aber Zeit, weil sie ein Gerichtsur­teil abwarteten. Homburg hatte geklagt: Die Stadtverwa­ltung war der Meinung, Lärmbekämp­fung sei Sache des Landes. Das sah das Gericht anders, so dass nun 50 Saar-Kommunen einen Plan verabschie­den müssen. Mindestens 23 haben dies laut Umweltmini­sterium bereits getan. noe

Details des Saarbrücke­r Plans unter www.saarbrueck­en.de /laermaktio­nsplan

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FOTO: MAURER

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