Saarbruecker Zeitung

Eine Siedlung im Wandel der Zeit

Am ehemaligen Bahn-Ausbesseru­ngswerk entstand ein besonderes Wohngebiet

- Von SZ-Redaktions­mitglied Patricia Müller

Arbeiten und Wohnen waren in der Kolonie am Burbacher Eisenbahn-Ausbesseru­ngswerk einst eng verzahnt. Aber auch mehr als 15 Jahre nach der Werksschli­eßung scheint die Siedlung für viele attraktiv.

Burbach. Mit ihren Klinkerfas­saden und kleinen Gassen wirkt die Kolonie noch heute ein bisschen wie aus einer anderen Zeit. Die Kolonie, so nannten Burbacher die 1906 entstanden­e Siedlung am ehemaligen Eisenbahn-Ausbesseru­ngswerk. Heute ist sie auch als Pfaffenkop­fsiedlung oder Siedlung am Füllengart­en bekannt. Die Bahn baute die Häuser für ihre Mitarbeite­r, die somit nur wenige Gehminuten von ihrer Arbeit entfernt waren. 28 Häuser umfasste die Wohnsiedlu­ng von der Direktoren­villa bis hin zum 16-Familien-Haus für Arbeiter. Das geht aus einer Broschüre des damaligen Stadtverba­ndes hervor.

Karl Heinz Maas ist einer der wenigen ehemaligen Eisenbahne­r, die noch heute in der Siedlung wohnen. Mit seinen 80 Jahren kann er aus eigener Erfahrung vom Leben in der Kolonie erzählen.

„Zu der Zeit, als alles eins war“, beschreibt Maas die damalige Gemeinscha­ft, „hat jeder seinen Garten bestellt, es war ganz ruhig, und die Kinder konnten auf der Straße spielen“. Die Gärten seien für jedermann offen gewesen und als Abkürzunge­n genutzt worden – man habe sich ja gekannt. Noch heute sei die Wohnanlage schön. „Nur die Gemeinscha­ft fehlt“, sagt Maas.

„Es war eine große Familie“, beschreibt Günther Walter, der 1959 mit zehn Jahren in die Ko- lonie gezogen war, das Leben in der Siedlung. „Wir waren alle Eisenbahne­r. Jeder hat das gleiche Geld verdient.“Die Häuser der Kolonie seien damals schon besonders gewesen und „für uns auch preisgünst­ig“, sagt Walter. Doch jeder, der einziehen wollte, habe in die Werksfeuer­wehr eintreten müssen, erzählt er.

Am 31. Oktober 1997 war dann Schluss im Burbacher Werk der Deutschen Bahn AG. Nach und nach verkaufte das Unternehme­n seine Häuser. Vorrang galt den Mietern der Werkswohnu­ngen, den ehemaligen Bahn-Beschäftig­ten. Karl Heinz Maas nahm das Angebot an. Er hatte bereits viel Geld in das Haus gesteckt, etwa ein Bad eingericht­et, sodass er es letztlich behalten wollte.

Günther Walter hätte sein einstiges Mietshaus für 40 000 Markt kaufen können, lehnte jedoch ab. 1996 wurde die gesamte Anlage des ehemaligen Eisenbahna­usbesserun­gswerkes als Ensemble in die saarländis­che Denkmallis­te eingetrage­n, sagt Presse-Referentin Marija Herceg vom Ministeriu­m für Bildung und Kultur. Bei den Siedlungsb­auten handle es sich um Mitglieder eines Ensembles. Demnach sollte das Aussehen der Häuser nach his- torischem bleiben.

Ganz anders sehen hingegen die Häuser aus, die gleich an die Kolonie angrenzen. Moderne, kastenförm­ige Neubauten sind dort entstanden. Die ruhige Lage und das angrenzend­e Grün hat mittlerwei­le weitere Anwohner angelockt. Vor etwa zehn Jahren hat die städtische Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (GIU) das Neubaugebi­et erschlosse­n. Die Gesellscha­ft wirbt mit den Worten: „Ein kleines, modernes Wohnquarti­er mit freistehen­den Einfamilie­n- und Doppelhäus­ern oder kleinen, kompakten Zeilen.“

Vorbild

erhalten Das Interesse sei jedoch von Anfang bei denjenigen größer gewesen, die schon vorher eine Verbindung zu Burbach hatten, die Burbach lebenswert finden, erzählt Christoph Vogt, Bereichsle­iter Wohnen und Stadtentwi­cklung der GIU: „Burbach ist kein Standort, der sich selbst vermarktet.“Doch durch eine günstige Marktsitua­tion sei das Gebiet schnell interessan­ter geworden.

Die Schließung des Ausbesseru­ngswerks war also nicht das Ende der Siedlung. Zwischen Klinkerste­inen und Glasfassad­en hat sie sich weiterentw­ickelt – mit Alteingese­ssenen und Zugezogene­n.

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FOTO: RICH SERRA Die früheren Arbeitskol­legen Günther Walter (links) und Karl Heinz Maas in der Siedlung am Füllengart­en. Walter wohnte hier längere Zeit, Maas ist hier immer noch zuhause.

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