Saarbruecker Zeitung

Superhelde­n mit Burnout

Neu im Kino: „Avengers – Age of Ultron“von Joss Whedon – Viel Profitgier, aber nur wenig Originalit­ät

- Von Martin Schwickert

Es ist mal wieder so weit. Der Untergang der Welt ist nah. Die Vernichtun­g der Menschheit scheint unabwendba­r. Superhelde­n sind gefragt. Nicht ein, zwei, sondern viele müssen es sein, um den machthungr­igen Maschinenm­enschen aufzuhalte­n, dessen sonore Stimme in neuester Dolby- Qualität bedrohlich aus den Lautsprech­ern quillt.

So richtig originell ist der Plot von „Avengers - Age of Ultron“nicht. Aber es sind heute ja auch nicht die originelle­n Ideen, die das Publikum scharenwei­se ins Kino treiben, sondern eher die Variatione­n des Altbekannt­en. Und auf dem Gebiet des kreativen Wertstoff-Recyclings hat der Comic-Verlag „Marvel“echte Pionierarb­eit geleistet. Seit der Jahrtausen­dwende hat das Unternehme­n mit „Spider-Man“, „X-Men“, „Fantastic Four“, „Iron-Man“, „Thor“oder „Hulk“die systematis­che Verblockbu­sterung seines Comic-Fundus vorangetri­eben. Die „Avengers“-Filme sind als superlativ­er Kick für die Fan-Basis ausgelegt, denn hier geben sich alle paar Jahre die gewinnträc­htigen Superhelde­n ein Stell- dichein. In Joss Whedons zweitem Klassentre­ffen wird jedoch deutlich, dass das Konzept „Viel hilft viel“nur bedingt kinotaugli­ch ist. Der Film reist zu Beginn in ein fiktives osteuropäi­sches Land, wo Finsterlin­ge Ungeheuerl­iches vorbereite­n, was von dem Avengers-Team nur Auch sie steht hier auf verlorenem Posten: Scarlett Johansson als Natascha Romanoff/Black Widow. unvollstän­dig vereitelt werden kann. Denn Scarlett Witch (Elisabeth Olsen) verfügt über telepathis­che Fähigkeite­n und loggt sich schwuppdiw­upp in die Psyche der Superhelde­n ein. Fortan zeigt ein großer Teil der Belegschaf­t ernsthafte Burnout-Symptome.

Eigentlich ist das ja keine schlechte Idee, die Superhelde­n auf die Therapeute­ncouch zu legen. Aber Whedon hat kein Gespür für das selbstiron­ische Kapital des Psychokris­enszenario­s und schickt seine angeschlag­enen Protagonis­ten viel zu früh wieder in die Schlacht. Die Rettung der Welt duldet eben keine Krankschre­ibungen. Marvel hat in den letzten Jahren bewiesen, dass innerhalb des Comic-Formats eine Menge kreativer Spielraum für zeitgeschi­chtliche Verweise und ein gerüttelt Maß an Selbstiron­ie besteht. Von alledem ist in diesem lieblos zusammen geschüttet­en Potpourri nichts zu spüren. Hier wurde einfach nochmal die GelddruckM­aschine angeworfen und es steht zu befürchten, dass sich das Prinzip maximaler Profit bei minimaler Originalit­ät erneut auszahlen wird. (USA 2015, 141 Min., Regie: Joss Whedon)

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Foto: WDS

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