Kullerauge sei wachsam
Neu im Kino: „Big Eyes“von Tim Burton – Satirisches Biopic mit Amy Adams und Christoph Waltz
Margaret ist eine zarte, freundliche Frau. Sie liebt ihre kleine Tochter und sie hat sich auch deshalb von ihrem Mann scheiden lassen und die texanische Provinz verlassen. Jetzt lebt sie in San Francisco und versucht sich als Malerin. Ihre Bilder zeigen meist kleine Mädchen, die sehr große, traurige Augen haben. Der Straßenverkauf verläuft gelinde gesagt schleppend. Margaret versteht sich nicht auf Wirkung und verkauft arg unter Preis.
Ein anderer Maler, Walter Keane, bemerkt das und spricht Margaret an. Die beiden verlieben sich und Wal- ter beginnt, die Bilder seiner Frau der Einfachheit halber unter seinem eigenen Namen zu vermarkten. In einem angesagten Nachtclub bekommt er den Flur zu den Toiletten als Ausstellungsfläche zugesprochen, bald finden sich erste Käufer. Die Nachfrage steigt.
Margaret malt sich im Atelier die Finger wund, Walter genießt den Ruhm und denkt nicht daran, dass seine Frau etwas vom Rampenlicht abbekommt. Dieses Melodram, wie es sich Hollywood nicht besser hätte ausdenken können, hat sich tatsächlich so oder zumindest nicht ganz viel anders in der ersten Hälfte der 1960er Jahre ereignet. Unter der Regie des visionären Tim Burton bildet der bonbonbunte Jet-Set von New York und San Francisco zur Zeit der Eisenhower- und Kennedy-Administration die schillernde Kulisse für ein bizarres Reality-Märchen um Betrug, Raffgier und den Mut, sich nicht alles gefallen zu lassen.
Gerade der letzte Aspekt aber lässt beträchtlich auf sich warten und strapaziert die Bereitschaft des Betrachters zu Geduld und Akzeptanz angesichts der unverfrorenen Scharaden des Mannes und der schier grenzenlosen Duldsamkeit der Frau. Dabei schüttelt Christoph Waltz als Hochstapler Walter Keane eine gleichermaßen charismatische wie manische Darbietung aus dem Ärmel, die sich als eigenständige Attraktion vom restlichen Film abspaltet. Amy Adams wiederum spielt hinreißend zart und verletzlich und bekam dafür dieses Jahr den Golden Globe zugesprochen – als beste Darstellerin in einer Komödie. Tim Burton steht für Verdrehtes, aber eine Komödie ist dieser Film ganz sicher nicht. USA 2014, 107 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Tim Burton; Drehbuch: Scott Alexander, Larry Karaszewski; Kamera: Bruno Delbonnel; Musik: Danny Elfman; Darsteller: Amy Adams, Christoph Waltz, Danny Huston, Krysten Ritter, Jason Schwartzman. >> Tel. (0 68 94) 3 68 21 www.kinowerkstatt.de