Ein Land kämpft gegen die Demenz
Vorsorgeprogramm der Saar-Universität soll Zahl der Alzheimer-Patienten in Luxemburg reduzieren
Alzheimer ist dabei, sich zur am meisten gefürchteten Krankheit in Europa zu entwickeln. In Luxemburg soll jetzt ein landesweites Programm die Zahl der Demenzfälle vermindern. Es setzt auf neueste Forschungsergebnisse der Universität des Saarlands.
Homburg/Luxemburg. Knapp 900 000 Menschen sterben in jedem Jahr in Deutschland. Die häufigsten Todesursachen sind Herz-Kreislauf-Leiden (40 Prozent), gefolgt von Krebs (25 Prozent). Doch welche Todesursachen fürchten die Deutschen am meisten? An erster Stelle steht der Krebs (67 Prozent), doch an zweiter schon folgt die Demenz (51 Prozent), zeigt eine Forsa-Umfrage. Die unheimliche Krankheit Alzheimer, die das Gedächtnis ausradiert, die Persönlichkeit zerfrisst und am Ende einem Patienten jede Kontrolle über sein Leben nimmt, legt eine gleichermaßen unheimliche Dynamik an den Tag. 1,5 Millionen Patienten zählt die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie heute, zwei Drittel leiden an Alzheimer. Und Jahr für Jahr kommen 40 000 Patienten hinzu. Furcht schürt aber nicht nur dieser unaufhaltsam scheinende Vormarsch. Da ist auch das frustrierende Gefühl der Ohnmacht angesichts eines heimtückischen Feindes, gegen den es weder eine Verteidigung zu geben scheint noch eine Möglichkeit der Warnung, welches Opfer er sich als Nächstes greift. Wen’s trifft, den trifft’s.
Ein düsteres Bild – doch im Licht neuester Erkenntnisse erweist es sich zum Glück als völlig falsch, erklärt nun der Demenzforscher Professor Tobias Hartmann von der Universität des Saarlands. Alzheimer sei alles andere als ein geheimnisvoller Killer, so der Homburger Wissenschaftler. Auch wenn viele biologische Details noch der Klärung harren, ist für den Direktor des Deutschen Instituts für Demenzprävention nach 25 Jahren Forschung klar: „Alzheimer ist eine banale Stoffwechselkrankheit.“Die Risikofaktoren stimmten in den meisten Punkten mit denen des Metabolischen Syndroms überein. Der medizinische Fachausdruck steht für das tödliche Quartett aus Bluthochdruck, Übergewicht, schlechten Cholesterin- und Blutzuckerwerten. Es ist der Auslöser der meisten Herz-Kreislauf-Leiden. Einfacher gesagt: Wer einen ungesunden Lebensstil pflegt, den raffen entweder in relativ jungen Jahren Herzinfarkt oder Schlaganfall dahin – oder eben im höheren Alter Alzheimer. Noch einfacher formuliert: Demenz ist kein schicksalhaftes Leiden, sondern eine Frage der Lebensführung. Und deshalb, so Tobias Hartmann, haben die meisten Menschen ihr Risiko selbst in der Hand.
Alzheimer lässt das Hirn eines Menschen um bis zu ein Fünftel schrumpfen, weil massenhaft Nervenzellen der Großhirnrinde absterben. Das hat mit krankhaft veränderten Eiweißen zu tun, die sich innerund außerhalb der Zellen unter anderem in Form sogenannter Plaques ablagern. Amyloid-Beta heißt eines dieser Nervengifte, und bei seiner Bildung spielt unter anderem Cholesterin eine Schlüsselrolle, das ein wichtiger Baustein der Zellmembranen des Gehirns ist. Die biologischen Details sind kompliziert, doch im Kern ist es so: Eine hohe Cholesterin-Konzentration im Hirn führt zu viel Amyloid-Beta, parallel steigt das Alzheimerrisiko. Sinkt der Cholesterinspiegel, sinkt auch die Alzheimergefahr, so die Homburger Forscher vor zwei Jahren. Als stärkste DemenzBremse wirke dabei Stigmasterol, eine dem Cholesterin verwandte pflanzliche Substanz aus der mediterranen Küche.
In diesem Frühjahr nun, so Tobias Hartmann, hat eine finnische Studie nachgelegt. Die Finger genannte Untersuchung mit 1260 Teilnehmern von 60 bis 77 Jahren habe ergeben, dass der geistige Abbau erheblich gebremst werden kann, wenn sich ältere Menschen gesund ernähren, körperlich aktiv und ganz allgemein darauf bedacht sind, ihr Herz-KreislaufRisiko zu senken. Die Studie zeigt: Es lässt sich etwas tun ge-