Ergos Rechenfehler trifft Hunderttausende
Hunderttausende Kunden betroffen – In Einzelfällen geht es um fünfstellige Summen
Der Versicherer Ergo hat bei Hunderttausenden Lebensversicherungs-Kunden Erträge und Gutschriften falsch berechnet.
Fehlerhafte Computerprogramme machten Auszahlungen und Gutschriften bei Lebensversicherungen zur Glückssache. Der Düsseldorfer Versicherungskonzern Ergo zahlte mal zu viel, mal zu wenig.
Düsseldorf. Der Versicherer Ergo hat bei Hunderttausenden Lebensversicherungs-Kunden Erträge und Gutschriften falsch berechnet. Schuld sind fehlerhafte Computerprogramme. Bisher habe das Unternehmen in 350 000 Fällen Bescheide korrigiert, sagte eine Sprecherin. Wie viele Kunden insgesamt betroffen sind, konnte Ergo gestern noch nicht mitteilen. Die Aufarbeitung dauere noch an, hieß es. Die Zahl der insgesamt bei dem Versicherer abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge liegt bei rund sieben Millionen. Darunter sind auch zahlreiche Policen, die noch von der Hamburg-Mannheimer und der Victoria Versicherung abgeschlossen wurden.
Bei den meisten bisher abgearbeiteten Fällen gehe es um „Cent-Beträge bis dreistellige Summen“, sagte die Ergo-Sprecherin. Doch gebe es auch „einige wenige Fälle“, in denen es sich um fünfstellige Summen handele. Dabei verrechnete sich die Versicherung nach eigenen Angaben nicht nur zu Ungunsten ihrer Kunden. In vielen Fällen habe sie auch zu viel ausgezahlt oder überhöhte Summen gutgeschrieben.
Ein Beispiel: Ein Fehler bei der Berechnung von RiesterVerträgen betraf in den Jahren 2006 und 2007 insgesamt 203 000 Versicherungskunden. Dabei habe Ergo einerseits zwei Millionen Euro zu wenig ausgezahlt, andererseits aber auch acht Millionen Euro zu viel, sagte die Sprecherin. Inzwischen habe die Versicherung den geschädigten Kunden die fehlenden zwei Millionen Euro gutgeschrieben. „Die acht Millionen Euro haben wir nicht zurückgefordert.“
Ursache des Problems sind nach Ergo-Angaben Fehler in den teilweise Jahrzehnte alten Computerprogrammen, mit denen die Erträge berechnet wurden. „Wir arbeiten daran, dass nach Abschluss der Korrekturen alle Kunden so gestellt sind, wie es mit ihnen vertraglich vereinbart wurde“, sagte die Sprecherin. Noch seien aber nicht alle bekannten Fehler vollständig geprüft. Nach eigenen Angaben begann das Unter- nehmen bereits 2012 mit der Fehlerkorrektur.
Der Bund der Versicherten (BdV) geht davon aus, dass auch andere Versicherer mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Es handele sich um ein über Jahrzehnte gewachsenes strukturelles IT-Problem, das wahrscheinlich viele Anbieter betreffe, sagte der BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) betonte dagegen, er habe „keine Kenntnis von systembedingten Berechnungsproblemen bei Lebensversicherern“.
Verbraucherschützer Kleinlein forderte angesichts des Debakels einen gesetzlichen Anspruch der Versicherungskunden auf Nachrechenbarkeit und Transparenz bei Lebensversicherungen. Bisher seien die Versicherten „der Willkür der Rechenprogramme“bei den Assekuranzen ausgeliefert.
Für den Düsseldorfer Versicherer Ergo ist es nicht das erste Mal, dass er Negativschlagzeilen macht. 2011 war aufgeflogen, dass die im Ergo-Konzern aufgegangene Hamburg-Mannheimer für ihre besten 100 Vertreter 2007 eine rauschende Sex-Party in Budapest organisiert. hatte. 2011 hatte das Unternehmen fehlerhafte Konditionen bei Tausenden RiesterKunden korrigieren müssen.