Asyl-Debatte braucht kühlen Kopf
Scharfe Kritik an CSU-Plänen für Balkan-Flüchtlinge ist vorschnell
Die Lage an der Flüchtlingsfront ist kritisch – keine Frage. Das gilt überall in Deutschland, aber besonders für Bayern, wo die meisten Menschen, die über das Mittelmeer oder auch aus den Ländern des Balkan zu uns gelangen, ankommen. Bis zu 1230 Menschen sind es dort pro Tag – das sprengt alle bisherigen Dimensionen und stellt für die Politik eine extreme Herausforderung dar – nicht zuletzt für die stets nah beim Bürger sich gebende CSU.
Bei allem Verständnis für den politischen Streit – jetzt müssen die Demokraten zusammenarbeiten. Auch verantwortliche Kommunalpolitiker von SPD, Grünen und Freien Wählern in Bayern stehen unter enormen Druck – nicht nur die Regierungspartei CSU. Sie bringen jene Landespolitiker jetzt auf den Boden zurück, die den Vorstoß von Horst Seehofer geißeln, zwei grenznahe Aufnahmestellen nur für Asylbewerber aus „sicheren Herkunftsländern“sowie aus Montenegro, dem Kosovo und Albanien einzurichten, deren Anträge zuletzt in 99 Prozent der Fälle abgelehnt wurden. Ziel ist eine schnellere Abschiebung dieser Asylsuchenden „mit geringer Bleibeperspektive“.
Der Vorstoß löst auch bei SPD und Grünen im Bund Aufregung aus. Und es stimmt ja: Die CSU ist oft versucht, die ausländerfeindliche Karte zu spielen. Das Unsinns-Projekt „Ausländermaut“und das Geschwätz vom Deutschsprechen in der Familie
GLOSSE entspringen zum Beispiel solcher Denkungsweise. Andererseits vermitteln Politiker vor allem von SPD und Grünen gelegentlich den Eindruck, der Zuzug von Flüchtlingen sei grundsätzlich gut und unverzichtbar für die Zukunft der deutschen Gesellschaft. Wer daran Zweifel äußert, gerät schnell in die rassistische Ecke. Diese verzerrte Wahrnehmung fordert dann allerdings die Trotzreaktion der sich für dumm verkauft fühlenden Bürger heraus.
Realismus und – trotz der sommerlichen Temperaturen – kühler Kopf sind bei der Bewältigung der Probleme gefragt. Kommunalpolitiker, denen Schlepper täglich Hunderte zur weiteren Betreuung überlassen, wissen unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit mehr von der „Lebenswirklichkeit“als Parlamentarier. Und sie wissen auch: Je schneller jene wieder heimgeschickt werden, für die das Asylrecht nicht gemacht ist, desto größer die Chancen, den großen Kollaps zu verhindern.
Ob freilich die von der bayerischen CSU-Staatsregierung geplanten Aufnahmeeinrichtungen für offenkundig unberechtigte Asylbewerber wirklich der Weisheit letzter Schluss sind, ist zweifelhaft. Als Heimstätten von angeblichen „Asylbetrügern“müssten diese Einrichtungen gegen Übergriffe rechter Wirrköpfe womöglich bewacht werden wie Hochsicherheitsgefängnisse. Ob sich das Horst Seehofer wirklich gut überlegt hat?