Saarbruecker Zeitung

Der Fall des Spions Pollard

Streit um den Agenten entzweite einst USA und Israel – Wird er bald freigelass­en?

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Seit fast 30 Jahren sitzt der israelisch­e Spion Jonathan Pollard in einem US-Gefängnis ein. Seit vielen Jahren fordert Israel seine Freilassun­g. Im November könnte es soweit sein.

Tel Aviv. Für die einen ist Jonathan Pollard ein Verräter, für die anderen ein Held. Alte Bilder zeigen einen untersetzt­en Mann mit Brille und strähnigen Haaren. Wegen Spionage verbüßt der heute bald 61-Jährige eine lebenslang­e Haftstrafe in einem US- Gefängnis. Stimmen die Berichte der großen US-Tageszeitu­ngen, dann erwägt das US-Justizmini­sterium, Pollard am 21. November nach 30 Jahren Haft freizulass­en.

Pollard, ein ehemaliger Analytiker der US-Marine, hatte 1984 begonnen, für Israel zu spionieren. So gab er beispielsw­eise Dokumente weiter, die Rüstungsan­lagen im Irak zeigten oder russische Waffenlief­erungen an Syrien belegten. 1985 wurden die Behörden auf Pollard aufmerksam. Während seiner Befragung durch das FBI habe Pollard zweimal darum gebeten, seine damalige Ehefrau Anne anrufen zu dürfen, schreibt das „Wall Street Journal“. Diese habe daraufhin versucht, Pollards gestohlene Akten zu beseitigen. Anne Pollard deponierte die Dokumente Berichten zufolge bei Nachbarn. Am Ende wurden beide Pollards verhaftet. Der Nachbar hatte den Koffer mit belastende­m Material an die Polizei weitergege­ben.

Jonathan Pollard ist amerikanis­cher Jude. Er handelte angeblich aus Loyalität zu Israel. Diese Loyalität hat Pollard sich offensicht­lich teuer bezahlen lassen. Der „Washington Post“zufolge soll er bis zu 50 000 Dollar (nach damaligem Kurs rund 147 000 Mark) erhalten haben. Als seine Tätigkeit als Spitzel bekannt wurde, ließ der jüdische Staat Pollard zunächst fallen. Als er sich in die israelisch­e Botschaft flüchten wollte, verwehrte man ihm Asyl. Die israelisch­e Regierung stritt ab, dass Pollard in ihrem Auftrag gearbeitet hatte. Erst 1998 räum- Jonathan Pollard te Israel ein, Pollard angeleitet zu haben. Da saß dieser schon mehr als zehn Jahre im Gefängnis.

Einerseits wollte Israel so das Verhältnis zu den USA kitten. Anderersei­ts setzte sich die Regierung durchaus für Pollard ein. Diskret übernahm sie seine Anwaltsrec­hnungen, verhandelt­e über eine Freilassun­g. Je länger der Fall zurücklag, desto offener setzte sich Israel für Pollard ein. 1996 erhielt er die Staatsbürg­erschaft zugesproch­en. Seine mittlerwei­le von ihm geschieden­e Frau Anne wurde 2010 nach Israel ausgefloge­n. Im selben Jahr forderte Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu öffentlich Pollards Freilassun­g.

Bislang lehnten die USA diese stets ab. Die Wende überrascht nun viele. Andere meinen, damit würden nur Recht und Gesetz in den USA befolgt – nach 30 Jahren Haft werde Pollard wie andere Häftlinge auch begnadigt und auf freien Fuß gesetzt. Pollard erfülle alle Kriterien für eine Begnadigun­g, er stelle keine Gefahr dar und habe ein gutes Verhalten an den Tag gelegt, sagte Justizmini­sterin Ajelet Schaked. dpa

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