Bahn soll schlanker werden
Ertragseinbruch zwingt Vorstandschef Grube zu Kurskorrektur – Zentrale muss 700 Millionen Euro einsparen
Streiks, Fernbusse, Stürme – vieles macht der Deutschen Bahn das Leben schwer. Jetzt will der bundeseigene Konzern gegensteuern und kündigte zum Beispiel einen aggressiven Kurs gegen die Fernbusunternehmen an.
Berlin. Ende Januar war Bahnchef Rüdiger Grube zwar sorgenvoll, aber noch optimistisch: „Wir wollen Treiber bleiben und nicht zu Getriebenen werden“, sagte er beim Neujahrsempfang im Berliner BahnTower. Gestern saß Grube als Getriebener bei seiner Halbjahres-Bilanzpressekonferenz. Ein regelrechter Ertragseinbruch zwang den 63-Jährigen zu einer hastigen Kurskorrektur – beim Spitzenpersonal und bei der Strategie.
Der um Währungseffekte bereinigte Umsatz sank um 1,1 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro, der Ertrag sogar um fast 200 Millionen auf nur noch 890 Millionen Euro. Das ist ein Minus von 18,2 Prozent. Die Schulden sind dafür um 8,6 Prozent auf 17,6 Milliarden Euro angestiegen. „Wir können uns ein Weiter-so schlicht nicht leisten“, sagte Finanzvorstand Richard Lutz.
Grube wie Lutz schoben einen Großteil der Rückgänge zwar auf Einmaleffekte durch den Lokführerstreik (minus 250 Millionen Euro) und die Frühjahrsstürme, verhehlten aber beide nicht, dass es struk- turelle Probleme gibt: „In unserem Kerngeschäft, der Eisenbahn in Deutschland, beobachten wir seit 2012 einen kritischen Ergebnistrend“, sagte Grube, der das Unternehmen seit 2009 leitet. Die zunehmende Konkurrenz der Fernbusse, in- und ausländische Wettbewerber im Nahverkehr, Verluste beim Gütertransport an den Lkw durch sinkende Dieselpreise und die gestiegenen Ausgaben für die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) nannte der Manager als Faktoren.
Jetzt soll eine Mischung aus Umbau und Einsparungen die Bahn wieder aufs Erfolgsgleis bringen. Der Vorstand wurde von acht auf sechs Personen verkleinert. Trotz FrauenquotenBeschluss des Bundestages ausnahmslos Männer, darunter als Neuzugang Ronald Pofalla, ExKanzleramtschef (CDU) von Angela Merkel. Der einstige Regierungspolitiker absolvierte gestern die erste Pressekonferenz als Spitzen-Bahner, sagte aber nichts, außer dass er sich den Zielen des Unternehmens „voll“verpflichtet fühle und über seine Pläne im Aufgabenfeld Wirtschaft, Recht und Regulierung erst die Mitarbeiter informieren wolle. Insgesamt kostet die neue Spitze nun zehn statt 15 Millionen Euro im Jahr, so dass auch die Abfindungen für die ausgeschiedenen vier Vorstandsmitglieder in zwei Jahren wieder eingespielt sein sollen. Der Fortfall von Büros in Frankfurt und die Abschaffung von Doppelstrukturen sollen bis 2020 auf der Leitungsebene 700 Millionen Euro einsparen.
Kern der Umstrukturierung ist jedoch, dass Güter- und Personenverkehr wieder in eine Hand zusammengelegt werden, und zwar in die von Berthold Huber, der bisher nur für den Fernverkehr zuständig war. Huber kündigte einen „angriffslustigen“Kurs gegen die Konkurrenz an und nannte als Beispiel das kürzlich eingeführte 19-Euro-Ticket. Auf dem 51-Jährigen ruht ein Großteil der Erwartungen, die anderen auf Volker Kefer (59). Er bleibt für Infrastruktur und Technik zuständig und soll in den nächsten fünf Jahren rund 50 Milliarden Euro für zahlreiche kleine und große Projekte ausgeben, darunter die Schnellstrecke Berlin-München, Stuttgart 21 und den Ausbau des Bestandsnetzes. Er wird zugleich stellvertretender Vorstandschef.
Die DB Mobility Logistic AG wird aufgelöst und mit ihr eine ganze Führungswelt, die bisher parallel aufrechterhalten worden war. Die letzten Reste der einst von Grube-Vorgänger Hartmut Mehdorn betriebenen Börsenpläne werden damit liquidiert. Für das Auslandsgeschäft der DB-Töchter Arriva und Schenker Logistics werden noch Interessenten gesucht. Jedoch gehe es nur um eine Teilprivatisierung, betonte Grube mehrfach. Ansonsten stünden bei den Bahn-Unternehmen Teilprivatisierungen oder gar Börsengänge „auf absehbare Zeit“nicht an.