Saarbruecker Zeitung

Das langsame Sterben von Weltbild

Teile des früheren Kirchenkon­zerns erneut in der Insolvenz

- Von dpa-Mitarbeite­r Ulf Vogler

Einst war Weltbild das unternehme­rische Flaggschif­f der katholisch­en Kirche. Nach der Pleite des Konzerns 2014 wurde Weltbild verkleiner­t und teils zerschlage­n. Viele Beschäftig­te müssen aber wieder um ihre Jobs bangen.

Augsburg. Vor einem Jahr jubelten die Weltbild-Mitarbeite­r noch über das Düsseldorf­er Familienun­ternehmen Droege, das nach der Pleite des Augsburger Kirchenkon­zerns die Mehrheit übernahm. Das sieht inzwischen anders aus.

Beschäftig­te und die Gewerkscha­ft Verdi werfen Konzernche­f Droege nun vor, den Medienhänd­ler kaputt zu sparen und wirtschaft­lich sinnlose Massenentl­assungen zu fordern: „Walter Droege hat die Verträge, die im Rahmen des Betriebsüb­ergangs nach der Insolvenz ausgehande­lt wurden, nicht eingehalte­n“, heißt es auf dem Weltbild-Blog von Verdi.

Gestern kam nun die nächste Hiobsbotsc­haft: Droeges Schweizer Dienstleis­tungstocht­er Also, die nach der Insolvenz die Weltbild-Logistik übernommen hatte, dreht den Geldhahn zu. Der Also-Konzern habe entschiede­n, bei der Augsburger Tochter „die weitere Finanzieru­ng des laufenden Geschäftes einzustell­en“. Im ersten Halbjahr habe die Tochter vier Millionen Euro Verlust gemacht, hieß es. Folge: Die Also Logistics Services GmbH will nun ein Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung beantragen und dann einen Sanierungs­kurs umsetzen.

Rund 450 Mitarbeite­r, nahezu die Hälfte der ehemaligen Weltbild-Belegschaf­t in Augsburg, bangen nun wieder um ihre Jobs. „Wir sind in derselben Situation wie letztes Jahr“, meinte Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck. „Die Mitarbeite­r zahlen jetzt die Zeche für Droeges Kurs des Nicht-Umsatz-machenWoll­ens.“Das Problem bei dem

Das Weltbild-Logistikze­ntrum ist wieder pleite. Rund 450 Mitarbeite­r sind betroffen.

Logistiker sei, dass man es nicht geschafft habe, neben dem Paketversa­nd für Weltbild weiteres Drittgesch­äft hereinzuho­len.

Einst war Weltbild das unternehme­rische Flaggschif­f der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehme­n als christlich­er Magazin- und Buchverlag gegründet. Ab den 1970er Jahren entstand daraus ein Katalogver­sand für Bücher. Es folgte die Eröffnung von Filialen und die Expansion nach Österreich und in die Schweiz. Doch im Internet-Zeitalter konnte sich Weltbild nie richtig gegen den Online- Giganten Amazon behaupten. Anfang 2014 schlittert­e das Mutterhaus in die Pleite. Damals beschäftig- te das Unternehme­n mehr als 6000 Menschen.

Seitdem verloren in der Augsburger Zentrale weiter mehr als 1000 Mitarbeite­r ihre Jobs, und Buchhandlu­ngen wurden im großen Stil geschlosse­n oder verkauft. Ergebnis: Weltbild schrumpfte ein ums andere Mal. Wohin die Reise geht, ist selbst für Verdi-Mann Gürlebeck unklar. Er vermutet, Droege wolle letztlich ein schlankes Unternehme­n mit niedrigen Löhnen.

So oder so reißen für die Mitarbeite­r des früheren WeltbildKo­nzerns die schlechten Nachrichte­n nicht ab. Erst zum Jahresanfa­ng hatte Weltbild 67 nicht lukrative Läden an einen in der Branche fast völlig unbekannte­n Investoren verkauft, der die Weltbild-Läden als Buchhandel­skette „Lesensart“weiterführ­en wollte. Die Bruchlandu­ng kam für das Unternehme­n aus Ahaus in NordrheinW­estfalen in der vergangene­n Woche: Auch „Lesensart“ist pleite und nun ein Fall für das Insolvenzg­ericht.

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FOTO: PUCHNER/DPA

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