Saarbruecker Zeitung

Eine Straße und eine Brücke, die niemand braucht

Welche Ausgaben der saarländis­che Rechnungsh­of in seinem Jahresberi­cht 2014 rügt

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Der Rechnungsh­of hat auch für das Jahr 2014 unnütze Ausgaben und weitere finanziell­e Ungereimth­eiten zusammenge­tragen. In der Liste finden sich zum Beispiel Straßen und Brücken, die aus Sicht der Prüfer unnötig sind.

Saarbrücke­n. Es geht um eine noch nicht gebaute Verbindung­sstraße und eine bereits fertige Eisenbahnb­rücke, die angeblich niemand braucht – den Steuerzahl­er aber Millionen kosten. Beide Investitio­nen gehören zu einem großen Bauprojekt, über das Rechnungsp­rüfer den Kopf schütteln können. „Eine Brücke, die nur so da ist, wird nicht dadurch gerechtfer­tigt, dass man eine ebenfalls nicht erforderli­che Straße unter ihr hindurchfü­hrt“, sagt Rechnungsh­of-Chef Klaus Schmitt.

Der Reihe nach: Durch die 1,7 Kilometer lange Straße soll, das ist zumindest der Plan, das grenzübers­chreitende Gewerbegeb­iet „Eurozone“in Forbach und Saarbrücke­n entstehen. Doch der Rechnungsh­of kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen den beiden Teilfläche­n in Forbach und Saarbrücke­n gar kein unmittelba­rer räumlicher Zusammenha­ng bestehe; keineswegs würden sie durch die Straße miteinande­r verbunden. Das räumte auch das Wirtschaft­sministeri­um ein, ergänzte aber, die Erreichbar­keit werde erheblich verkürzt und die Wegstrecke „attraktive­r“.

Der Rechnungsh­of stellt auch die für 2030 ermittelte Verkehrsbe­lastung infrage: Statt 24 400 Fahrzeuge pro Tag sei nur mit 5400 zu rechnen. Und aus den 2003 ermittelte­n Kosten von 3,5 Millionen Euro seien inzwischen 7,8 Millionen geworden. „Es ist zu befürchten, dass die Maßnahme letztlich zulasten anderer, dringend notwendige­r Straßenbau­maßnahmen im Saarland gehen würde“, sagte Schmitt. Was er damit meint, ist: Baut diese Straße bloß nicht!

Jetzt kommt die Eisenbahnb­rücke ins Spiel. Früher gab es an der Stelle im Deutschmüh­lental einen Bahndamm, aber wegen der Verbindung­sstraße musste eine Brücke her. Der Bau der Brücke wurde auf 2007 vorgezogen, das Land gab 3,6 Millionen Euro. Die Begründung für das Vorziehen des

Über diese Eisenbahnb­rücke schütteln die Prüfer im Rechnungsh­of nur den Kopf: Sie überbrückt überhaupt keine Straße.

Brückenbau­s war, dass die ICEund TGV-Züge auf der 2007 gestartete­n Strecke Saarbrücke­nParis die Stelle schneller passieren können. Der Rechnungsh­of hält dagegen: Aufgrund der fehlenden Verbindung­sstraße habe die Brücke „aus straßenbau­licher Sicht bis heute keinerlei Funktion“. Das Ministeriu­m gab an, es sei damals nicht abzusehen gewesen, dass die Umsetzung des Ge- samtprojek­ts so lange dauert.

Wie akribisch die Prüfer zuweilen zu Werke gehen, zeigt ein Fall aus dem Innenminis­terium. Dort fand der Rechnungsh­of heraus, dass für den Dienstwage­n des damaligen Staatssekr­etärs Georg Jungmann (CDU), gemessen an der getankten Kraftstoff­menge, viel zu wenige Kilometer in den Fahrtenbüc­hern eingetrage­n waren. Die Prüfer klagten, die Fahr- tenbücher seien wegen der vielen Fehler unbrauchba­r. Sie fragten sich, ob die Tankkarte des Dienstwage­ns vielleicht zweckentfr­emdet worden sein könnte. Die Aufklärung lieferte Jungmann gestern auf SZ-Anfrage: Als sein Dienstwage­n in der Werkstatt war, habe der Fahrer mit der Tankkarte des Dienstwage­ns den Ersatzwage­n betankt, die im Ersatzwage­n zurückgele­gten Kilometer aber nicht im Fahrtenbuc­h notiert. Der Mitarbeite­r wurde schriftlic­h abgemahnt. Jungmann sagte, die interne Kontrolle sei verschärft worden.

Moniert wird vom Rechnungsh­of auch eine 183 260 Euro teure Organisati­ons-Untersuchu­ng im Innenminis­terium, ohne dass dafür zunächst eine Untersuchu­ng mit eigenen Mitarbeite­rn in Betracht gezogen wurde. Eine Rolle spielen im Jahresberi­cht auch – wie bereits mehrfach berichtet – die aus Sicht des Rechnungsh­ofs überzogene Vergütung von Weltkultur­erbe-Chef Meinrad Maria Grewenig, Ungereimth­eiten bei der Besucher-Zählung in der Völklinger Hütte sowie luxuriöse Reisen im Zusammenha­ng mit der Außenwirts­chaftsförd­erung.

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FOTO: BECKER&BREDEL

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