Saarbruecker Zeitung

Bier aus Notwehr

Eine Bewegung aus den USA mischt den deutschen Markt auf

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Saarbrücke­n. Craft-Bier – mit „kunstferti­g Gebrautes“übersetzt die Autorin Sylvia Kopp diesen Begriff. Craft-Bier, schreibt sie, sei „der Gegenentwu­rf zu den homogenisi­erten Massenprod­ukten der Industrie“. Craft-Biere sind für die Bierexpert­in „mutige Biere von unabhängig­en Brauern“. Gebraut werden sie in Kellern, Waschküche­n, aber auch in kleineren traditione­llen Brauereien.

Die Bewegung, die vor einigen Jahren auch in Deutschlan­d ankam, entstand in den 80er Jahren in den USA. Dort begannen Menschen aus sehr verschiede­nen Berufsgrup­pen, ihr eigenes Bier zu brauen – für den Eigenbedar­f, für Freunde, für die nähere Umgebung. „In den USA waren diese Initiative­n die blanke Notwehr“, schreibt Sylvia Kopp in ihrem Craft-Bier-Buch. In den Vereinigte­n Staaten habe es nämlich „nur noch geschmackl­ose Einheitsge­bräue“gegeben.

Das ist in Europa immer schon anders gewesen. Im Regionalve­rband Saarbrücke­n zum Beispiel boten Brauereien wie Bruch und Grosswald immer schon Alternativ­en zum Einheitsbi­er. Aber die Lage in Deutschlan­d, so hat es Kopp analysiert, war auch nicht rosig. Es gab und gibt viele „Biere mit Charakter“, schreibt sie. Aber: „Dieser Cha- rakter zerbröselt im ewigen Preiskampf gegen die Billigware vom Supermarkt.“

Dass nun vor allem junge Leute – „Der typische CraftbeerB­rauer hat einen Bart und ist tätowiert“, sagt der Saarbrücke­r Brauer Lukas Bruch – anfangen, Biere aus Hopfen und Malzsorten zu brauen, die ungewohnt sind, dabei auch gelegentli­ch das Reinheitsg­ebot ignorieren, gebe vielen kleineren deutschen Brauereien neue Kraft, glaubt die Autorin. So entwickeln urbayerisc­he Brauereien wie Schneider Weisse ganz neue Strategien in einem Markt, in dem sie bisher gegen die großen Brauerein kaum eine Chance hatten. Die großen Konzerne scheinen die Gefahr für ihre Marktantei­le erkannt zu haben. Die norddeutsc­he Becks-Brauerei zum Beispiel hat ein eigenes „India Pale Ale“, eine der beliebtest­ens Biersorten der Craft-Bier-Freunde, auf den Markt gebracht.

Die Craft-Bier-Bewegung ficht das nicht an. „Das echte Craft bleibt eine Bewegung von unten“, glaubt Sylvia Kopp. Für sie ist die Craft-Bier-Bewegung „ein Tanz durch den Hopfengart­en“. Und es scheint so, als habe dieser Tanz gerade erst begonnen.

„Die Craft-BierBewegu­ng ist ein Tanz durch den Hopfengart­en.“Sylvia Kopp,

Autorin

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