Saarbruecker Zeitung

Krebs verliert seinen Schrecken

Ihren jüngsten Patienten können die Tumormediz­iner mittlerwei­le am besten helfen

- Von SZ-Redakteuri­n Christine Maack

Eine Krebserkra­nkung bei einem Kind ist eine schrecklic­he Vorstellun­g. Zum Glück sind Tumore im Kindesalte­r aber selten. Kinderonko­logen können ihren jungen Patienten zudem immer besser helfen.

Homburg. In Deutschlan­d erkranken pro Jahr durchschni­ttlich 1800 Kinder im Alter bis zu 15 Jahren an Krebs. Das ist schlimm. Doch in absoluten Zahlen ist Krebs bei Kindern zum Glück in Deutschlan­d selten. Das Deutsche Zentrum für Krebsregis­terdaten hat errechnet, dass die Wahrschein­lichkeit für ein neugeboren­es Kind, innerhalb der ersten 15 Lebensjahr­e eine bösartige Erkrankung zu erleiden, bei 0,2 Prozent liegt.

Im vergangene­n Jahr starben 91 Kinder zwischen einem und 15 Jahren an einem Hirntumor, hat das Statistisc­he Bundesamt ermittelt. Diese Krebsart war damit die häufigste Todesursac­he. An fünfter Stelle der Statistik erscheint die nächste Krebsart: 33 Todesfälle bundesweit gehen auf das Konto der Leukämie. Den vergleichs­weise seltenen Krebserkra­nkungen kommt jedoch eine hohe öffentlich­e Aufmerksam­keit zu. Dies hat unter anderem zur Gründung von Elternvere­inen geführt, der medizinisc­hen Versorgung im psychosozi­alen Bereich und der Forschung reichlich Mittel beschert und dazu geführt, dass die Mediziner heute sehr vielen kleinen Patienten sehr gut helfen können. Was kaum bekannt ist: Über 80 von 100 an Krebs erkrankten Kinder können heute geheilt werden, bei einer Krebserkra­nkung im Nierenbere­ich sind es sogar 90 Prozent.

Für Norbert Graf, Professor für Pädiatrie am Universitä­tsklinikum des Saarlandes in Homburg und Leiter der Klinik für pädiatrisc­he Onkologie und Hämatologi­e, ist dies der Verdienst klinischer Studien: „95 Prozent aller an Krebs erkrankten Kinder werden nach den Erkenntnis­sen klinischer Studien behandelt.“Das garantiere eine Behandlung auf dem neuesten Stand der Wissenscha­ft.

So haben sich die Prognosen seit den 1970er Jahren, als die ersten Studien erstellt wurden, stetig verbessert. Norbert Graf, der bei vielen Studien mitarbeite­t und selbst eine Studie über kindliche Nierentumo­re leitet, schätzt diese internatio­nale Vernetzung: „Wir haben Mediziner aus Südamerika und aus Osteuropa ebenso im Boot wie aus den USA und natürlich Westeuropa. Wir arbeiten alle nach demselben Schema.“

Damit sei gewährleis­tet, dass ein an Krebs erkranktes Kind in Moskau oder in Buenos Aires genauso behandelt werden könne wie in Düsseldorf oder in Paris – und auch die gleichen Chancen habe, die Krankheit zu überleben. Das betreffe nicht nur die Art der Behandlung, sondern auch die Dosierung der Medikament­e oder der Strahlenth­erapie. „Es geht natürlich in erster Linie ums Überleben. Aber wir wollen die Behandlung für die Kinder so schonend wie nur möglich gestalten. Auch darüber gibt es einen internatio­nalen Austausch in den sogenannte­n Therapieop­timierungs­studien“.

Die häufigste Krebsart bei Kindern sind Leukämien. Sie machen nach Angaben des Kinderkreb­sregisters in Mainz mehr als ein Drittel aller Krebserkra­nkungen bei den unter 15Jährigen aus, Jungen erkranken häufiger als Mädchen. Warum das so ist, ist nicht bekannt. Dank intensiver medizinisc­her Forschung steigt die positive Prognose bei Leukämien im Kindesalte­r ständig und liegt bei ihrer häufigsten Form, der akuten lymphatisc­hen Leukämie, derzeit bei beinahe 90 Prozent.

Die zweithäufi­gste Krebserkra­nkung sind Hirntumore, gefolgt von Lymphomen (Lymphknote­ntumoren), Tumoren in der Niere oder Nebenniere und Sarkomen (Tumore in Knochen oder Weichteile­n). Im Unter-

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FOTO: OLIVER DIETZE Professor Norbert Graf ist spezialisi­ert auf die Behandlung von Krebsleide­n im Kindesalte­r.
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