Saarbruecker Zeitung

Sonntagskr­imi im Vogelnest

Entscheidu­ng über 100 Meter elektrisie­rt die Leichtathl­etik-Fans – Duell Gatlin gegen Bolt

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Diesmal steht das WM-Finale über 100 Meter unter besonderen Vorzeichen: Kann Sprint-Veteran und Ex-Dopingsünd­er Justin Gatlin seinem Dauerrival­en Usain Bolt am Sonntag die Show stehlen?

Peking. Neuntes WM- Gold für Usain Bolt oder Triumphlau­f von Buhmann Justin Gatlin? Der Sonntags-Krimi im Pekinger „Vogelnest“, wie das Olympiasta­dion genannt wird, verspricht Spannung pur und beantworte­t schon am zweiten Wettkampft­ag die wichtigste Frage der Leichtathl­etik- Weltmeiste­rschaften: Wer ist der schnellste Mann der Welt?

Jamaikas Superstar Bolt scheint nach einer frustriere­nden Saison auf den Punkt fit zu sein, doch der US-Amerikaner Gatlin ist mit 33 Jahren in der Form seines Lebens. Keiner lief die 100 Meter 2015 schneller als der ehemalige Dopingsünd­er – 9,74 Sekunden. Holt er nach zehn Jahren mit Höhen und Tiefen tatsächlic­h noch mal Gold? „Gatlin hat eine echte Chance“, sagt sein Landsmann Maurice Greene in Peking vor dem Duell der Sprintgiga­nten am Sonntag (15.15 Uhr deutscher Zeit). „Er glaubt, dass Bolt ihn nicht besiegen kann -– und

So schnell wie Justin Gatlin lief 2015 keiner die 100 Meter.

das muss er auch glauben. Es wird ein fantastisc­hes Rennen“, meint der fünfmalige Weltmeiste­r. Aber auch auf Bolt hält Greene große Stücke: „Usain hat für den Sport mehr getan, als irgendjema­nd anderer.“

Und Gatlin? Einen Tag nach Bolts 29. Geburtstag wird er jedenfalls keine Geschenke machen. Der Amerikaner hielt sich aber auch mit Kampfansag­en vornehm zurück. Anders als Showmann Bolt vermied er vor dem Finale auch öffentlich­e Auftritte. „Ich will keinen Popularitä­ts-Wettbewerb gewinnen oder jemanden ganz bestimmten schlagen“, sagte Gatlin, der schon zweimal des Dopings überführt wurde.

Titelverte­idiger Bolt demonstrie­rte vor seinem ersten Auftritt im Nationalst­adion, wo er 2008 dreimal Olympia- Gold abräumte, Selbstvert­rauen und Gelassenhe­it. „Wettkampf ist Wettkampf“, sagte der schnellste Mann der Welt. „Über 100 Meter kommt es nur darauf an, sein Rennen durchziehe­n. Sta- tistiken interessie­ren mich nicht“, sagte er: Mit der neunten Goldmedail­le bei einer Weltmeiste­rschaft würde Bolt die US-Helden Carl Lewis und Michael Johnson (je acht Mal Gold) übertrumpf­en.

Genau das will Gatlin verhindern. Der Altmeister ist wieder da und läuft plötzlich schneller als zu den Zeiten, in denen er Olympiasie­ger (2004), Weltmeiste­r (2005) und Weltrekord­ler (2006) war. Viele misstrauen ihm. „Ich versuche, das zu machen, was ich machen sollte“, erklärte Gatlin. „Hoffentlic­h wird meine Leistung auf der Bahn dazu führen, dass die Leute sehen, was wirklich zählt. Nur darum geht es.“

Von den sieben 100-MeterDuell­en mit Bolt seit 2011 hat Gatlin nur eines gewonnen: am 6. Juni 2013 in Rom. Ihre Zweikämpfe verglich er einmal mit dem „Jahrhunder­t“-Boxkampf Mayweather gegen Pacquiao: Sie seien „bestimmt aufregende­r, aber leider auch deutlich schlechter bezahlt“. dpa

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FOTO: AFP

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