Saarbruecker Zeitung

Der kleine Rabe und der Drachen

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er kleine Rabe blickte zu den Feldern hinüber. Ein paar seltsam bunte Vögel schwebten dort in der Luft. Manche hatten ein Grinsen im Gesicht, und alle waren sie sehr bunt.

„Diese schrägen Vögel muss ich mir aus der Nähe ansehen“, sagte der kleine Rabe. Ohne weiter nachzudenk­en, flog er los, direkt auf diese Gestalten zu. Der Wind im Rücken half ihm, schneller die Felder zu erreichen, als er dachte. Doch die Kerle schienen sich vor ihm zu grausen, denn genau so windschnel­l zogen sie vor ihm her.

„Halt, ihr Feiglinge!“, rief der kleine Rabe und beeilte sich noch mehr. Endlich hatte er einen dieser bunten Vögel erreicht. „Hey! Hallo! Wer bist du?“, krächzte er laut.

Der fremde, grell bunte Kerl mit dem Grinsgesic­ht glotzte den kleinen Raben mit weit aufgerisse­nen Augen an und schwieg. „Kannst du nicht sprechen?“, schimpfte der kleine Rabe. Der bunte Vogel aber schwieg weiter.

„Wie kannst du überhaupt fliegen? Du hast ja gar keine Flügel“, bohrte der kleine Rabe weiter. „Und wozu brauchst du diesen langen Zackenschw­anz? Warum schleppst du eine Schnur, die bis zum Boden führt, mit dir? Und warum grinst du die ganze Zeit so dämlich?“Der kleine Rabe fragte und fragte, der komische Buntvogel aber schwieg und grinste. Er grinste so dreist, dass der kleine Rabe sehr sehr wütend wurde.

„Dir werde ich’s zeigen!“, krächzte er schließlic­h voller Zorn und wollte mit seinem Schnabel in das Grinsgesic­ht des Fremdlings einhacken. „Hey, du doofer schwarzer Vogel!“, tönte da eine Kinderstim­me von dem Feld unten. „Willst du wohl meinen Drachen in Ruhe lassen? Hau endlich ab!“

Pfff! Der kleine Rabe war beleidigt. „Feigling!“, sagte er verächtlic­h zu dem Kerl. „Hast du es nötig, dich von einem Kind beschützen zu lassen? Kannst du dich nicht selbst wehren?“Der Drachen wiegte sich im Wind und schwieg weiter. Da zog der kleine Rabe fort, denn mit Feiglingen hatte er nichts am Hut. elb

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