Saarbruecker Zeitung

Bundespoli­zei fordert Zug-Sheriffs auf Saarlands Fernstreck­en

Was aus dem Angriff auf Reisende im Schnellzug nach Paris folgt

- Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia

Nach der vereitelte­n Attacke in einem „Thalys “Zug fordert der Chef der Gewerkscha­ft der Bundespoli­zei im Saarland, Roland Voss, den Einsatz von Zug-Sheriffs im Fernverkeh­r. Dies sei zum besseren Schutz von Reisenden notwendig, sagte er zur SZ. Bundespoli­zisten in Zivil könnten die Fahrten begleiten und notfalls einschreit­en. In der Luftfahrt werde dies bereits praktizier­t. Voss plädiert dafür, auch die Bahnstreck­e Paris-Saarbrücke­n-Frankfurt stärker zu kontrollie­ren. Man müsse davon ausgehen, dass Terroriste­n diese Route nutzen. Mehr Kontrollen in Zügen und auf Bahnhöfen forderten auch Bundes- und EuropaPoli­tiker.

Wie kann man Zugreisend­e besser schützen? Nach dem Angriff mit einem Gewehr und einem Messer durch einen Mann im Zug von Amsterdam nach Paris, den beherzte Reisende überwältig­ten, wird heftig diskutiert.

Man muss sich das mal vorstellen: Inmitten eines Gewusels eilender Reisender betritt seelenruhi­g ein Mann mit Fahrkarte und Gepäck den Zug. Niemand ahnt etwas, niemand kann ausweichen, als derselbe Mann von der einen auf die andere Sekunde zu einem kaltblütig­en Angreifer wird, der keinen Respekt mehr vor Menschenle­ben hat.

Fassungslo­sigkeit alleine schon darüber, dass jemand eine Kalaschnik­ow mit in den Zug nehmen kann. Während die „fünf Helden“, die durch ihr Eingreifen auf der Fahrt von Amsterdam nach Paris im Hochgeschw­indigkeits­zug „Thalys“ein Blutbad verhindert haben, sogar vom französisc­hen Staatspräs­identen geehrt wurden, irritiert ebenso die Reaktion aus Brüssel. EU-Politiker sind schon am nächsten Tag mit publikumsw­irksamen Antworten zur Stelle. Strengere Kontrollen auf Bahnhöfen und in Zügen sollen es richten. Das hätte aber erhebliche Folgen für den Reiseverke­hr.

Zwei Milliarden Reisende hat die Deutsche Bahn allein 2014 im Fern- und Nahverkehr befördert. Die meisten davon werden wohl froh sein, dass sie jederzeit jeden Zug ohne Einschränk­ung, etwa einer zwingenden Reservieru­ng, nutzen können. In Frankreich muss dagegen im Fernverkeh­r eine Reservieru­ng vorliegen. Im Hochgeschw­indigkeits­zug Eurostar von Paris nach London werden jeder Reisende und das Gepäck kontrollie­rt, ähnlich wie auf Flughäfen. Wer aber will in Deutschlan­d auf dem Weg zur Arbeit vor dem Betreten des Zuges durch Sicherheit­sschleusen gehen?

Der Landesvors­itzende der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) im Saarland, Ralf Damde, rät zur Besonnenhe­it. „100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Die ist nicht machbar.“Einen herrenlose­n Koffer mit Sprengstof­f etwa, das größte anzunehmen­de Horror-Szenario in Bahnkreise­n, „kann man in einen Zug, an einen Flughafen oder in die Ludwigskir­che in Saarbrücke­n stellen“. Man müsse sich entscheide­n, bis in die Politik hinein, ob man die größtmögli­che Reisefreih­eit verteidige­n oder lieber verschärft­e Kontrollen favorisier­en will. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bevölkerun­g schärfere Kontrollen will.“

Dem Konzernbev­ollmächtig­ten der Deutschen Bahn im Saarland, Jürgen Konz, sind „derzeit keine offizielle­n Intentione­n bekannt, die Sicherheit­svorkehrun­gen zu verschärfe­n oder mehr zu kontrollie­ren“. Das Saarland sei jedoch Vorreiter in der Einrichtun­g von Ordnungspa­rtnerschaf­ten. Dabei arbeiten die Deutsche Bahn, die Bundespoli­zei und die Städte zusammen, um gemeinsam Kontrollen und eine möglichst hohe Präsenz auf Bahnhöfen sicherzust­ellen.

Das findet auch Roland Voss grundsätzl­ich gut, der Gewerkscha­ftsvorsitz­ende der Bundespoli­zei im Saarland. Doch er sieht das gleiche Problem wie der innenpolit­ische Sprecher der CDU-Bundestags­fraktion, Stephan Mayer. Der sagte gestern: „Um die Polizeiprä­senz zu erhöhen, bedarf es unweigerli­ch zusätzlich­er Stellen bei der Bundespoli­zei.“Laut Voss fehlen an der Saar 80 Stellen. Präsenz und Kontrollen in Fernzügen seien kaum noch möglich. „Die Bundespoli­zei kann nicht einmal mehr Taschendie­bstähle aufnehmen“, beklagt Voss, der dringenden Handlungsb­edarf sieht, gerade auch bei der Präsenz in den Zügen von Paris über Saarbrücke­n nach Frankfurt. Man müsse davon ausgehen, dass diese Züge auch von Terroriste­n genutzt werden, die sich in Trainingsc­amps im Ausland ausbilden lassen und ihren Rückweg nach Deutschlan­d über diese Route nehmen. „Ja, die Strecke sollte mehr bewacht werden“, legt sich Voss fest.

Er schlägt als eine mögliche Lösung „Zug-Sheriffs“nach dem Vorbild von „Sky-Sheriffs“in der Luftfahrt vor. Seit dem Terroransc­hlag vom 11. September 2001 in New York gibt es solche „Sky-Sheriffs“mittlerwei­le auch in Deutschlan­d. Hier betreut auch die Bundespoli­zei mit einer eigenen Einheit deutsche Fluggesell­schaften. „SkySheriff­s“in Zivil begleiten Flüge streng geheim. Nicht einmal der Pilot weiß Bescheid. Solche „Sheriffs“könnten auch Fernzüge begleiten und in einem Notfall schnell einschreit­en, schlägt Voss vor.

„Die Strecke ParisSaarb­rückenFran­kfurt sollte mehr bewacht werden.“Roland Voss, Gewerkscha­ft der Bundespoli­zei im Saarland

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Roland Voss

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