Kraftwerks-Betreiber ziehen den Stecker
Versorger wollen unrentable Kraftwerke abschalten
Angesichts sinkender Strompreise beantragen viele Betreiber die vorübergehende Stilllegung ihrer Gas- oder Kohlekraftwerke. Darunter ist auch das Kraftwerk an der Saarbrücker Römerbrücke.
Mit Gas- und Kohlekraftwerken lässt sich kein Geld mehr verdienen. Viele Betreiber schalten sie deshalb ab und stoppen ihre Bauprojekte für neue Anlagen. Die Bundesregierung aber hält die Stromversorgung für sicher.
Berlin/Saarbrücken. Angesichts der abgestürzten Börsenstrompreise melden immer mehr Versorger ihre konventionellen Kraftwerke zur Abschaltung an. Nach der regelmäßig aktualisierten Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur stieg die Zahl der sogenannten Stilllegungsanzeigen allein seit Jahresbeginn bis Ende Juli um neun auf 57 Kraftwerke. Saarländische Kraftwerke sind von den Stilllegungsplänen nach Informationen unserer Zeitung nicht betroffen. Einzig die Kohleanlage des Saarbrücker Heizkraftwerks Römerbrücke, die von Energie Saarlorlux betrieben wird, produziert im Sommer keinen Strom.
Die Bundesregierung betonte, dass die Kapazitäten bei der Energieversorgung völlig ausreichend seien. Vielmehr gebe es in Deutschland und europaweit sogar Überkapazitäten, sagte gestern eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Versorgungssicherheit sei auch im kommenden Winter gewährleistet – „selbst in den kritischsten Situationen“, fügte sie hinzu.
Laut Bundesnetzagentur stehen bundesweit Kraftwerke mit einer Netto-Nennleistung von gut 197 Gigawatt bereit – davon gut 90 Gigawatt aus erneuerbaren Energien. Endgültig stillgelegte Anlagen sind bereits abgezogen. Der tägliche Verbrauch liegt bei 60 bis maximal gut 80 Gigawatt.
Die Betreiber wollen vor allem Gas- und Steinkohle-Kraftwerke einmotten oder endgültig vom Netz nehmen. Der Bör-
Viele Kraftwerke können ihre Kosten nicht mehr erwirtschaften. Die Versorger wollen sie deshalb vom Netz nehmen.
senstrompreis ist innerhalb von zwei Jahren von etwa 50 auf rund 30 Euro pro Megawattstunde gefallen.
Die Energiebranche sorgt sich angesichts der stark geschrumpften Erlöse im Erzeugungsgeschäft vor allem um die nötigen Neubauten in den kommenden Jahren. Bundesweit sei jedes zweite Neubauprojekt gestoppt, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Der Anteil der Kraftwerke, die rund um die Uhr Strom erzeugen können, wird in den nächsten Jahren weiter stark sinken“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller. Hinzu kämen Verzögerungen beim dringend notwendigen Netzausbau. „In der Summe empfinden wir die Situation als besorgniserregend.“
„Insgesamt haben wir weiter eine ausreichende Erzeugungskapazität“, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. „Wo regional die Erzeugung nicht ausreichen könnte, werden wir den Stilllegungen weiter widersprechen.“Dies ist meist süd-
Wenn ein Unternehmen dauerhaft keinen Gewinn erwirtschaftet, nicht einmal seine Kosten einfährt, muss die Notbremse gezogen werden. Genau das machen jetzt zahlreiche Energieversorger. Das Problem dabei: Es sind die modernstens und saubersten Kraftwerke, die jetzt auf der Streichliste stehen. Erst vor wenigen Jahren für Milliarden gebaut, sind sie nur noch in den roten Zahlen. Stattdessen bleiben abgeschriebene Kohlekraftwerke am Netz, die unter Umwelt- Gesichtspunkten kaum noch tragbar sind.
Der Fehler liegt im System. Weil gerade die preiswerten Kohlekraftwerke bei der Stromproduktion bevorzugt werden, kommen die Gaskraftwerke kaum noch zum Einsatz. Dabei sind es gerade diese flexiblen Kraftwerke, die für die Energiewende mit ihrer schwankenden Produktion dringend benötigt werden. Hier ist die Politik gefragt: Soll die Energiewende gelingen, braucht es neue Rahmenbedingungen.
lich des Mains der Fall.
Endgültigen Stilllegungen können die Netzbetreiber widersprechen, wenn sie die Versorgungssicherheit in Gefahr sehen. Wenn die Bundesnetzagentur dies bestätigt, müssen die Kraftwerke zum Erhalt der Netzstabilität weiterlaufen. Bisher ist das bei elf der 57 angemeldeten Kraftwerke der Fall. Betroffen sind davon unter anderem Anlagen in Ingolstadt, Marbach am Neckar, Heilbronn und im hessischen Großkrotzenburg. dpa