Saarbruecker Zeitung

Merkel rügt Verstöße gegen Ukraine-Vertrag

Merkel, Hollande und Poroschenk­o mahnen zur Einhaltung der Vereinbaru­ngen vom Februar

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Bundeskanz­lerin Angela Merkel dringt auf die Einhaltung des Minsker Friedenspr­ozesses für die Ukraine. Bislang würden die Maßnahmen nicht umgesetzt.

Bei einem Krisentref­fen im Kanzleramt wollten Bundeskanz­lerin Merkel, Frankreich­s Präsident Hollande und der ukrainisch­e Präsident Poroschenk­o gestern versuchen, den Friedensve­reinbarung­en von Minsk neue Impulse zu geben.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Präsidente­n von Frankreich und der Ukraine dringen auf die Einhaltung des im Februar in Minsk mit Russland vereinbart­en Friedenspr­ozesses für die Ukraine. Merkel beklagte nach einem Treffen mit François Hollande und Petro Poroschenk­o gestern Abend in Berlin, die mit Kremlchef Wladimir Putin beschlosse­nen Maßnahmen würden nicht erfüllt: Es gebe keinen Waffenstil­lstand, die Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) könne sich nicht frei bewegen und Aufklärung­sdrohnen würden gestört. „Es muss alles dafür getan werden, dass der Waffenstil­lstand Realität wird“, sagte Merkel. Die Arbeitsfäh­igkeit der OSZE müsse „vollumfäng­lich“hergestell­t werden.

Putin war zu dem Treffen in Berlin nicht eingeladen. Hollande sagte, die in Minsk vereinbart­en Regeln würden noch nicht respektier­t. Das Abkommen von Minsk sei aber die Grundlage für den weiteren Prozess. Poroschenk­o sagte, es gebe keine Alternativ­e zu den Minsker Vereinbaru­ngen: „Wir sind davon überzeugt, dass der Minsker Prozess ein absolut universell­es Instrument ist. Das heißt sofortige Waffenruhe, Abzug schwerer Waffen, behinderun­gsfreie Arbeit der Experten der OSZE.“

Poroschenk­o hatte zuvor zum 24. Jahrestag der Unabhängig­keit seines Landes von der Sowjetunio­n eindringli­ch vor einem russischen Einmarsch gewarnt. In einer Rede warf er Moskau vor, die Idee eines direkten Angriffs auf die Ukraine weiter zu verfolgen. Die Ukraine hatte sich am 23. August 1991 für unabhängig erklärt. Zum Nationalfe­iertag fand auf dem Maidan in Kiew eine große Militärpar­ade statt. Poroschenk­o ließ mehr als 2000 Soldaten von der ostukraini­schen Kriegsfron­t aufmarschi­eren. Der Präsident sagte, Russland habe an der Grenze zur Ukraine mehr als 50 000 Soldaten stationier­t. Im Kriegsgebi­et Donbass seien 40 000 Kämpfer im Einsatz, darunter 9000 aktive russische Militärang­ehörige. Russland weist solche Vorwürfe zurück.

Weiter sagte Poroschenk­o: „Moskau hat den Kämpfern bis zu 500 Panzer, 400 Artillerie­systeme und 950 Schützenpa­nzer geliefert. Allein in dieser Woche haben drei große Kolonnen unsere Grenze in Richtung Lugansk, Donezk und Debalzewe überschrit­ten.“Der Präsident kündigte eine weitere Stärkung des eigenen Militärs an. Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow wiederum rief Merkel auf, Druck auf Poroschenk­o auszuüben, um ihn zur Umsetzung der Vereinbaru­ngen von Minsk zu bewegen. Er warnte der Agentur Interfax zufolge, der Ruf Deutschlan­ds und Frankreich­s als Vermittler stehe auf dem Spiel. Merkel und Hollande hätten die Minsker Vereinbaru­ngen mitgetrage­n. Seit nunmehr 16 Monaten wüten in der Ostukraine Kämpfe zwischen prorussisc­hen Rebellen und der ukrainisch­en Regierungs­armee. Dabei wurden fast 6900 Menschen getötet.

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Petro Poroschenk­o

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