Saarbruecker Zeitung

Luxemburg sagt Bettlern den Kampf an

Stadtrat legt verschärft­es Gesetz gegen organisier­tes Betteln vor – Minister will nach Lösungen suchen

- Von SZ-Redakteuri­n Ute Klockner

In Luxemburg-Stadt klagen Geschäftsl­eute, dass sich ihre Kunden durch Bettler belästigt fühlen. Nun soll ein schärferes Gesetz organisier­te Bettelei eindämmen.

Ein Anwalt wirft Luxemburgs Bürgermeis­terin Untätigkei­t im Kampf gegen organisier­te Bettelei vor. Diese beklagt, oft würden Hintermänn­er aus Beweismang­el freigespro­chen – und kündigt schärfere Gesetze an.

Luxemburg. Seit Anfang des Monats tobt in Luxemburg ein Streit über organisier­te BettlerBan­den in der Landeshaup­tstadt. Wie ein Lauffeuer hat sich in den sozialen Medien ein offener Brief eines Anwalts an die Luxemburge­r Bürgermeis­terin Lydie Polfer verbreitet. Darin beschwert er sich über die „ekelhaften Bettler“in Luxemburgs Straßen, die dank der Großzügigk­eit der „intelligen­ten Schengener Abkommen“ohne Kontrolle aus Rumänien nach Luxemburg kämen. Niemand kümmere sich um diesen „Abschaum“. Wie das „Luxemburge­r Tageblatt“berichtet, prüft die Staatsanwa­ltschaft, ob sie gegen den Anwalt ein Verfahren wegen fremdenfei­ndlicher Äußerungen einleitet.

Auch Luxemburge­r Geschäftsl­eute klagen über Bettler. Der Präsident der „Union commercial­e de la Ville de Luxembourg“, Guill Kaempff, der rund 500 Geschäfte vertritt, sagte der Zeitung „Luxemburge­r Wort“, dass sich die Beschwerde­n der Geschäftsl­eute in den vergangene­n zwölf bis 24 Monaten gehäuft hätten. „Viele Passanten und Kunden haben Angst“, sagte er der Zeitung. Sein Verband fordert strengere Gesetze, er stehe seit 2013 in Verhandlun-

Über Bettelei wird nicht nur in deutschen Städten – hier ein Foto aus Berlin – diskutiert, sondern auch in Luxemburg. Die Stadt will künftig härter durchgreif­en.

gen mit der Regierung . „Vor allem auf öffentlich­en Plätzen wie in der Fußgängerz­one oder vor den Geschäften muss es der Polizei möglich sein, jemandem einen Platzverwe­is auszusprec­hen – dies besonders, wenn Passanten belästigt werden oder Bettler vor den Geschäften sitzen“, sagte Kaempff.

Das Phänomen organisier­ter Bettlergru­ppen in der Hauptstadt gebe es sei etwa fünf Jahren, schreibt das „Luxemburge­r Wort“. Die Zahl der Beschwerde­n über Bettler, die nicht nur passiv um Almosen bitten, son- dern aktiv Leute ansprechen, bedrängen oder beklauen, sei stabil geblieben, zitiert die Zeitung die städtische Polizei. 2014 gab es demnach Beschwerde­n gegen 45 Leute – oftmals aber auch gegen dieselbe Person. Einfaches Betteln sei nicht strafbar, so die Polizei, das Gesetz über den freien Personenve­rkehr und die Immigratio­n habe zur Folge, dass ausländisc­he Bettler nicht einfach ausgewiese­n werden könnten.

Bürgermeis­terin Polfer reagierte auf den Brief und die Wortwahl. Es sei eine differen- ziertere und die Würde der Schwachen achtende Herangehen­sweise notwendig. Es sei wichtig, die organisier­te Bettelei zu bekämpfen, doch die aktuelle Gesetzgebu­ng ermögliche es der Stadt nicht, gegen diese Form des Bettelns vorzugehen. Gerichte würden die Hintermänn­er der organisier­ten Bettelei aus Mangel an Beweisen nur selten bestrafen. Die Gesetze müssten überarbeit­et werden, teilt Polfer mit. Hierfür hätten sich Stadt, Justizmini­sterium und Polizei mehrfach getroffen. Es müsse zwischen or- ganisierte­m Betteln und Betteln aus der Not heraus unterschie­den werden. Notleidend­en Menschen müsse man helfen.

Der streitbare Anwalt reagierte erneut mit einem offenen Brief, in dem er Polfer Untätigkei­t vorwarf und ihre Behauptung, der Stadt seien die Hände gebunden, zurückwies. So verbiete das Strafgeset­zbuch, andere Menschen zur Bettelei zu zwingen und sie dabei auszubeute­n. Das Betteln in Gruppen sei untersagt und hierfür eine Haftstrafe von acht Tagen bis einem Monat vorgesehen.

Noch am gleichen Tag antwortete Polfer: Sie nehme die Problemati­k sehr wohl ernst. Die Gesetze gebe es, doch müssten sie auch angewendet werden, was – wie erwähnt – wegen oft fehlender Beweise nicht möglich sei. Doch habe der Stadtrat Mathis Prost – der wie Polfer Mitglied der liberalen Demokratis­chen Partei (DP) ist – einen Vorschlag für ein verschärft­es kommunales Polizeiges­etz eingebrach­t, mit dem künftig „aggressive­s“Betteln eingedämmt werden soll. Demnach sollen künftig auch Belästigun­gen zum Beispiel an der Haustür von Privatgebä­uden und Geschäften in der Stadt verboten werden. Zudem will das Rathaus den Minderjähr­igen sowie Erwachsene­n in Begleitung von Minderjähr­igen das Betteln untersagen.

Auch die Regierung hat sich nun in die Debatte eingeschal­tet. Wie RTL meldet, will sich Sicherheit­sminister Etienne Schneider nach der Sommerpaus­e mit Justizmini­ster Félix Brax treffen und nach Lösungen suchen.

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FOTO: DPA/BENEDICTO

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