Saarbruecker Zeitung

Was vom Sonnenköni­g im Saarland blieb

Vor allem Saarlouis und Homburg hatten für König Ludwig XIV. eine große Bedeutung

- Von SZ-Mitarbeite­r Klaus Friedrich

Unter Ludwig XIV. wurden in der Saar-Provinz nicht nur Festungen gebaut, es wurde auch viel zerstört. Doch dem französisc­hen Herrscher reichte das Saarland nicht aus. Auch für weitere Teile des linksrhein­ischen deutschen Territoriu­ms hatte er große Pläne.

Saarbrücke­n/Saarlouis/Homburg. Vor genau 300 Jahren – am 1. September 1715 – starb in Versailles Ludwig XIV., ein Monarch, der Europa nachhaltig prägte. 72 Jahre lang hatte er den Thron Frankreich­s inne, womit er als einer der am längsten amtierende­n Herrscher der Welt gilt. Während der „Sonnenköni­g“genannte Regent in Frankreich als „Louis le Grand“– Ludwig der Große – in die Geschichte einging und die Ära seiner Regentscha­ft als „Goldenes Zeitalter“gilt, ist er in den Nachbarlän­dern häufig als „Ludwig der Zerstörer“in Erinnerung. Dort sind die Folgen der Kriege, mit denen er unter anderem Deutschlan­d überzog, bis heute sichtbar. Aufgrund der bewegten Geschichte des heutigen Saarlandes kann man hier sowohl „Louis le Grand“als auch „Ludwig dem Zerstörer“begegnen und findet in „seiner“nach ihm benannten Stadt Saarlouis sowie darüber hinaus noch zahlreiche Spuren aus jener Zeit, als das Land zwischen Saar, Mosel und Pfalz von Versailles aus regiert wurde.

„Ihr Land zu vergrößern, ist die würdigste und angenehmst­e Beschäftig­ung der Herrscher“, äußerte sich Ludwig XIV. – und führte dieser Devise folgend insgesamt 46 Jahre lang Kriege gegen seine Nachbarn. Einer davon, der 1672 vom Zaun gebrochene Krieg gegen Holland, hatte für das darin verwickelt­e Land an der Saar im wahrsten Sinne verheerend­e Folgen. So brannten die Truppen „Ludwig des Zerstörers“beispielsw­eise 1677 eroberte Städte wie Saarbrücke­n und St. Wendel bis auf wenige Häuser und St. Ingbert komplett nieder.

Kurz darauf ließ „Louis le Grand“dann das von ihm besetzte und in die „Province de la Sarre“eingeglied­erte Land, das in Folge des Dreißigjäh­rigen Krieges nahezu entvölkert war, planmäßig wieder aufbauen und von hierfür in Deutschlan­d, Frankreich, Wallonien und der Schweiz angeworben­en Einwandere­rn neu besiedeln. Somit ist die Familienge­schichte vieler Saarländer mit der Eroberungs­politik des Sonnenköni­gs verbunden, kamen ihre Vorfahren doch unter seiner Herrschaft als Kolonisten ins Land. In der Folge entstanden mit Hilfe dieser Kolonisten neue Dörfer, während andere wiederbesi­edelt wurden. Ludwig XIV. ließ mit den beiden nach Plänen Sébastien le Prestre de Vaubans erbauten Städten „Hombourg-la-Forteresse“und „Sarre-Louis“gleich zwei beeindruck­ende Großfestun­gen zur Sicherung der besetzten Gebiete errichten.

Grundlage dieser Besetzung waren die Beurteilun­gen einer eigens in Metz eingericht­eten „Reunionska­mmer“, die aufgrund tatsächlic­her oder vordergrün­dig konstruier­ter Ansprüche nach und nach beträchtli­che Teile des linksrhein­ischen deutschen Territoriu­ms beanspruch­te – selbst wenn sich davon betroffene Herrscher wie etwa Gustav Adolf von NassauSaar­brücken dem vehement widersetzt­en.

Dabei war die neu gegründete, zunächst von Homburg und später von Saarlouis aus regier- te „Province de la Sarre“wesentlich größer als das heutige Saarland. Sie reichte von Marsal in Lothringen bis TrabenTrar­bach an der Mosel und umfasste 26 Städte und rund 1660 Dörfer. Mit der französisc­hen Herrschaft einher ging eine radikale Rekatholis­ierung besetzter protestant­ischer Gebiete. Im Zuge der rigorosen Religionsp­olitik in den besetzten Gebieten kam unter anderem der aus Sarre-Union stammende Carl Desiderius de Royer in die Saarpfalz, wo er als königliche­r Visitator und Reorganisa­tor des katholisch­en Kultes sowie als Pfarrer in Homburg wirkte. Auf die Frage, was für ein Landsmann er sei, antwortete er bezeichnen­derweise: „Ob ich Deutscher bin, fragst du? Nein. Franzose? Auch das nicht. Und Lothringer? Am wenigsten. Lothringis­ch-Französisc­h-Deutsch. Das bin ich.“

1685 ließ Ludwig das Toleranzed­ikt von Nantes aufheben, wodurch eine Massenausw­anderung der Hugenotten einsetzte. Bereits am 4. Januar 1684 hatte der in Homburg re- sidierende Antoine Bergeron de la Goupillièr­e als „Intendant de la province de la Sarre et des Pays frontières“seinen berüchtigt­en Bekehrungs­erlass in Umlauf gebracht. Noch im selben Jahr kamen Franziskan­ermönche aus dem Rheinland und nahmen ihre Tätigkeit in der Saar-Provinz auf. Das von ihnen bewohnte Klostergeb­äude steht noch heute in Homburgs Altstadt – ebenso in Teilen das um 1690 errichtete französisc­he Militärlaz­arett, das als ältestes, zumindest partiell noch erhaltenes Gebäude dieser Art auf deutschem Boden gilt. Des Weiteren besteht noch immer ein Unternehme­n aus der Zeit, als Ludwig XIV. an der Saar herrschte: die internatio­nal renommiert­e Dillinger Hütte, die 1685 mit Erlaubnis des „Roi Soleil“gegründet wurde und heute das älteste noch existieren­de Unternehme­n des Saarlandes ist.

Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass die bis 1697 bestehende „Province de la Sarre“als Aufmarschg­ebiet für die ins benachbart­e Deutschlan­d getragenen Kriege diente und Sarre-Louis und Hombourg-laForteres­se als Ausgangsor­te und Verpflegun­gsstützpun­kte für mögliche Angriffe dienten: „Diese Festung“, hatte Vauban im Hinblick auf Saarlouis betont, „kann einen Krieg bis an den Rhein tragen“– ein Umstand, der im Geschichts­fries am dortigen Rathaus sichtbar ist: Dort richtet Ludwig XIV. seinen Feldherren­stab nach Osten, während zu seiner Rechten Vauban die Pläne der nach dem Sonnenköni­g benannten Festungsst­adt präsentier­t.

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FOTO: RUPPENTHAL Bei einem Festumzug 2007 erinnerten die Saarlouise­r an den Namensgebe­r ihrer Stadt.
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FOTOS: LANDKREIS SAARLOUIS, DPA 1680 ließ der Sonnenköni­g Louis XIV. – rechts in seinem Krönungsma­ntel – die Festung Saarlouis errichten. Mit der Planung und dem Bau der Anlage beauftragt­e er den berühmten Militärarc­hitekten Sébastien le Prestre de Vauban.
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