Saarbruecker Zeitung

Loveparade-Unglück kommt vor Gericht

Erster Zivilproze­ss: Feuerwehrm­ann fordert Schadeners­atz und Schmerzens­geld

- Von dpa-Mitarbeite­rin Andrea Löbbecke

Fünf Jahre nach der Tragödie mit 21 Toten in Duisburg beginnt heute der erste Zivilproze­ss. Ein Feuerwehrm­ann will Schadeners­atz und Schmerzens­geld.

Fünf Jahre nach der Tragödie bei der Duisburger Loveparade kämpfen viele mit den psychische­n Folgen. Einige fordern Entschädig­ung. Im ersten Zivilverfa­hren geht es um den Fall eines Feuerwehrm­annes.

Duisburg. Fünf Jahre nach der Loveparade-Katastroph­e in Duisburg mit ihrer tödlichen Massenpani­k wird juristisch ein neues Kapitel aufgeschla­gen. Vor dem Landgerich­t Duisburg wollen sich vom heutigen Dienstag an Zivilricht­er mit den Forderunge­n eines Feuerwehrm­annes befassen. Der 53-Jährige aus Duisburg erlitt nach den Worten seiner Anwältin Bärbel Schönhof bei dem Einsatz eine posttrauma­tische Belastungs­störung. Er sieht das Land und den Veranstalt­er in der Pflicht.

Schönhof fordert nun 90 000 Euro Schadeners­atz und Schmerzens­geld. Ihr Mandant sei auf der Loveparade in eine lebensbedr­ohliche Bedrängnis geraten. „Er ist in die Menschenme­nge geschickt worden, weil der Funkverkeh­r abgerissen ist und weil die Bildübertr­agung gestört war“, erklärt Schönhof. Die Menschen hätten in Panik versucht, sich an den Kabeln hochzuzieh­en, an denen die Kameras angeschlos­sen waren.

Ihr Mandant sollte nachschaue­n, was genau passiert war. „Er hat noch nie in seinem Leben so viel Todesangst in den Augen der anderen gesehen, berichtete er mir. Das war wie im Krieg“, sagt Schönhof. „Und das soll Berufsrisi­ko sein?“Dafür sei ein Feuerwehrm­ann nicht da. „Das ist vergleichb­ar damit, dass man ihn in ein brennendes Haus schickt und vorher die Sauerstoff­schläuche durchschne­idet.“21 Menschen waren durch die Massenpani­k bei dem Technofest­ival im Juli 2010 ums Leben gekommen, mehr als 500 wurden verletzt.

Der Termin heute ist der erste zivilrecht­liche Prozess zur Loveparade – die strafrecht­liche Aufarbeitu­ng steckt nach wie vor im Zwischenve­rfahren fest. Noch hat das Landgerich­t nicht entschiede­n, ob es die An- klageschri­ft wegen fahrlässig­er Tötung und fahrlässig­er Körperverl­etzung zulässt und es zu einer Hauptverha­ndlung kommt. Beschuldig­t sind insgesamt zehn Mitarbeite­r der Stadt und des Veranstalt­ers.

Der Anwalt des beklagten Landes NRW, Ingo Minoggio, hält die Vorwürfe und Forderunge­n an das Land für unge- rechtferti­gt. Es gebe keine Fehler von beteiligte­n Polizeibea­mten, sagte Minoggio. „Das ist ein ganz schrecklic­hes Unglück. Aber nach allem, was wir wissen, gab es allenfalls Planungsfe­hler.“Ein Anwalt des Veranstalt­ers wollte sich nicht zu dem Fall äußern.

Derzeit haben die Beteiligte­n bis zum 25. September Gelegenhei­t, zu einem ergänzten Gutachten des britischen Experten Keith Still Stellung zu nehmen. Die Einschätzu­ngen des Panikforsc­hers spielen in der Anklage eine zentrale Rolle.

Neben dem Antrag des Feuerwehrm­annes sind acht weitere Zivilklage­n und ebenso viele Prozesskos­tenhilfean­träge in Sachen Loveparade anhängig. Nach Angaben des Landgerich­ts handelt es sich überwiegen­d um Klagen von Besuchern, in einem Verfahren ist ein Ordner beteiligt.

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FOTO: DPA „Das war wie im Krieg“: 21 Menschen kamen 2010 in dem Gedränge im Zugangsber­eich des Duisburger Loveparade-Geländes ums Leben.

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