Saarbruecker Zeitung

Jura geht auch ohne Staatsexam­en

Einige Universitä­ten bieten Rechtswiss­enschaft mittlerwei­le als Bachelor und Master an – Doch was lässt sich damit anfangen?

- Von dpa-Mitarbeite­rin Friederike Ebeling

Ein Jurist ohne Staatsexam­en, Steuerrech­tler mit Bachelor – geht das überhaupt? Einige Hochschule­n bieten inzwischen ein JuraStudiu­m mit diesem Abschluss an. Damit lässt sich durchaus einiges machen. Aber eben nicht alles.

Berlin. Anwalt, Richter oder Staatsanwa­lt kann er schon einmal nicht werden. Das stört Norman Ferchow aber kaum. Der 25Jährige studiert Wirtschaft­srecht auf Bachelor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Seine berufliche­n Chancen nach dem Studium schätzt er positiv ein. „Als Unternehme­nsjurist möchte ich arbeiten, in einer Personal- oder Rechtsabte­ilung eines Konzerns“, sagt er. Sein Gehalt wird sich von dem der sogenannte­n Volljurist­en kaum unterschei­den – die Aussichten in der Wirtschaft sind gut.

Steuerrech­t, Europäisch­es Recht oder German and Polish Law – „die Bezeichnun­gen der Studiengän­ge sind vielfältig“, so Stefanie Busch von der Hochschulr­ektorenkon­ferenz. Sie alle schließen in der Regel nach sechs Semestern mit einem Bachelor of Laws ab. Im Anschluss können Studenten ihr Wissen im Master vertiefen.

Das Jura-Studium ohne Staatsexam­en ist interdiszi­plinär angelegt. Ferchow bekam im Studium bereits einen Einblick in Controllin­g und Rechnungsw­esen. Auch in den Jura-Fächern unterschei­det sich das Studium der Unternehme­nsjuristen von dem der Volljurist­en: Das Zivil- und Handelsrec­ht nimmt einen größeren Schwerpunk­t ein als das öffentlich­e und das Strafrecht.

Juristen ohne Staatsexam­en können in Unternehme­n, Versicheru­ngen, internatio­nalen Organisati­onen oder Verbänden arbeiten. „Sie bringen aus dem Studium Kreativitä­t, Teamfähigk­eit und Verhandlun­gsgeschick mit“, sagt Paul Ebsen von der Zentrale der Bundesagen­tur für Arbeit.

Das liegt auch an der praxisnahe­n Gestaltung des Lehrplans. Fachhochsc­hulen sehen oft ein verpflicht­endes Praxisseme­ster vor. Ferchow geht kommendes Semester zur Deutschen Bahn in die Personal- und später in die Rechtsabte­ilung. „Das ist eine gute Möglichkei­t, um sich zu orientiere­n“, sagt Binder. Paul Ebsen beobachtet einen erhöhten Bedarf für Experten im Europa- und Informatio­nsrecht: „Durch die Globalisie­rung tun sich neue Rechtsfeld­er auf.“

Das Problem ist, dass Juristen mit Bachelor oder Master oft früher fertig sind als Volljurist­en. Viele Arbeitgebe­r scheuen sich noch, Absolvente­n unter 25 Jahren einzustell­en. Ebsen empfiehlt da den Weg ins Ausland. „Andere Länder schauen weniger auf das Alter“, sagt er. dpa

AUF EINEN BLICK:

Jura-Studiengän­ge, die mit dem Bachelor oder Master abschließe­n, gibt es an mehreren Hochschule­n. Dazu gehören zum Beispiel die Unis in Hamburg, Göttingen, Bremen, Frankfurt/Oder, Köln und Lüneburg. Außerdem die Bucerius Law School in Hamburg, die Hochschule­n Mainz, Pforzheim, RheinMain in Wiesbaden und die Rheinische­n Fachhochsc­hule Köln. dpa

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