Gedämpfte Euphorie vor Rio
Deutscher Leichtathletik-Verband warnt nach starker WM vor Zufriedenheit – Platz vier in Nationenwertung
Die deutschen LeichtathletikAsse sind für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Rio gerüstet. Trotz der guten Bilanz von Peking warnt der Cheftrainer Idriss Gonschinska aber vor schneller Zufriedenheit.
Peking. Die deutschen Leichtathletik-Asse stiegen glücklich und zufrieden und mit viel glänzendem Gepäck in den Flieger Richtung Heimat. Acht Medaillen hatten sie dabei, davon zwei aus Gold – doch Cheftrainer Idriss Gonschinska warnte mit Blick auf Olympia in Rio vor überzogener Euphorie.
„Ein Olympiajahr bringt immer einen Leistungssprung mit sich“, sagte Gonschinska. Er zerbricht sich schon jetzt den Kopf, wie sich die Stars um die Kugelstoßer David Storl und Christina Schwanitz, Stabhochspringer Raphael Holzdeppe, Diskus-Riese Robert Harting und vor allem die vielen aufstrebenden Talente noch besser auf die große Leistungs-Schau am Zuckerhut vorbereiten können. „Die Wettbewerbsdichte wird enger und sich in Richtung Rio weiter verschärfen. Millimeter und Zehntelsekunden können entscheiden“, sagte Gonschinska: „Wir werden unsere Schlüsse ziehen und uns für Brasilien etwas einfallen lassen.“
Die Basis wurde in Peking gelegt. Als beste europäische Mannschaft landete das deutsche Team nach vielen erfrischenden Auftritten auf Rang vier der Nationenwertung hinter den USA, Kenia und Jamaika. Trotz der immer stärker werdenden internationalen Konkurrenz können die Werfer, Springer und endlich auch die Läufer um Gesa Krause (Bronze über 3000 Meter Hindernis) und Cindy Roleder (Silber über 100 Meter Hürden) wieder selbstbewusst auf Rio blicken. „Die Mannschaft hat sich hervorragend und entschlossen präsentiert. Jeder wollte den maximalen Erfolg“, sagte Sportdirektor Thomas Kurschilgen.
Doch der Deutsche Leichtathletik-Bund gibt sich keinen Illusionen hin. In Rio könnte das Ergebnis wieder anders aussehen, schließlich haben in China vor allem die Russen, aber auch die US-Amerikaner geschwächelt. „Nur außergewöhnliche Athleten mit optimalen Saisonverläufen schaffen es bei Meisterschaften wie dieser aufs Podium“, sagte Gonschinska. So soll die Zusammenarbeit mit Psychologen, Experten für das Gesundheitsmanagement und Trainingswissenschaftlern sowie der Wissens-Austausch unter den Trainern noch verfeinert werden.
Und Gonschinska arbeitet daran, dass die Öffentlichkeit sich nicht nur für Medaillen begeistert, sondern auch über sechste, siebte oder achte Plätze nach einer starken Vorstellung des Athleten. „Wir haben hier tolle Tage erlebt. Aber nur das Zählen der Medaillen entspricht nicht der Entwicklung in der Leichtathletik“, sagte er. Und Kurschilgen meinte: „Wir dürfen den Medaillenspiegel nicht wie eine Monstranz vor uns hertragen.“Jede Leistung müsse individuell analysiert werden. Zudem würde das offenbar massive Doping-Problem in der Leichtathletik ein besseres Abschneiden der deutschen Athleten verhindern. „Wir bewegen uns auf einem Weg, wo Leistungen scheinbar immer weniger manipulationsfrei erbracht werden“, sagte Kurschilgen: „Das hindert die fairen Sportler daran, den verdienten Lohn ihrer Arbeit in Form von Finalplatzierungen und Medaillen entgegenzunehmen.“