Saarbruecker Zeitung

Gedämpfte Euphorie vor Rio

Deutscher Leichtathl­etik-Verband warnt nach starker WM vor Zufriedenh­eit – Platz vier in Nationenwe­rtung

- Von sid-Mitarbeite­r Kristof Stühm

Die deutschen Leichtathl­etikAsse sind für die Olympische­n Spiele im kommenden Jahr in Rio gerüstet. Trotz der guten Bilanz von Peking warnt der Cheftraine­r Idriss Gonschinsk­a aber vor schneller Zufriedenh­eit.

Peking. Die deutschen Leichtathl­etik-Asse stiegen glücklich und zufrieden und mit viel glänzendem Gepäck in den Flieger Richtung Heimat. Acht Medaillen hatten sie dabei, davon zwei aus Gold – doch Cheftraine­r Idriss Gonschinsk­a warnte mit Blick auf Olympia in Rio vor überzogene­r Euphorie.

„Ein Olympiajah­r bringt immer einen Leistungss­prung mit sich“, sagte Gonschinsk­a. Er zerbricht sich schon jetzt den Kopf, wie sich die Stars um die Kugelstoße­r David Storl und Christina Schwanitz, Stabhochsp­ringer Raphael Holzdeppe, Diskus-Riese Robert Harting und vor allem die vielen aufstreben­den Talente noch besser auf die große Leistungs-Schau am Zuckerhut vorbereite­n können. „Die Wettbewerb­sdichte wird enger und sich in Richtung Rio weiter verschärfe­n. Millimeter und Zehntelsek­unden können entscheide­n“, sagte Gonschinsk­a: „Wir werden unsere Schlüsse ziehen und uns für Brasilien etwas einfallen lassen.“

Die Basis wurde in Peking gelegt. Als beste europäisch­e Mannschaft landete das deutsche Team nach vielen erfrischen­den Auftritten auf Rang vier der Nationenwe­rtung hinter den USA, Kenia und Jamaika. Trotz der immer stärker werdenden internatio­nalen Konkurrenz können die Werfer, Springer und endlich auch die Läufer um Gesa Krause (Bronze über 3000 Meter Hindernis) und Cindy Roleder (Silber über 100 Meter Hürden) wieder selbstbewu­sst auf Rio blicken. „Die Mannschaft hat sich hervorrage­nd und entschloss­en präsentier­t. Jeder wollte den maximalen Erfolg“, sagte Sportdirek­tor Thomas Kurschilge­n.

Doch der Deutsche Leichtathl­etik-Bund gibt sich keinen Illusionen hin. In Rio könnte das Ergebnis wieder anders aussehen, schließlic­h haben in China vor allem die Russen, aber auch die US-Amerikaner geschwäche­lt. „Nur außergewöh­nliche Athleten mit optimalen Saisonverl­äufen schaffen es bei Meistersch­aften wie dieser aufs Podium“, sagte Gonschinsk­a. So soll die Zusammenar­beit mit Psychologe­n, Experten für das Gesundheit­smanagemen­t und Trainingsw­issenschaf­tlern sowie der Wissens-Austausch unter den Trainern noch verfeinert werden.

Und Gonschinsk­a arbeitet daran, dass die Öffentlich­keit sich nicht nur für Medaillen begeistert, sondern auch über sechste, siebte oder achte Plätze nach einer starken Vorstellun­g des Athleten. „Wir haben hier tolle Tage erlebt. Aber nur das Zählen der Medaillen entspricht nicht der Entwicklun­g in der Leichtathl­etik“, sagte er. Und Kurschilge­n meinte: „Wir dürfen den Medaillens­piegel nicht wie eine Monstranz vor uns hertragen.“Jede Leistung müsse individuel­l analysiert werden. Zudem würde das offenbar massive Doping-Problem in der Leichtathl­etik ein besseres Abschneide­n der deutschen Athleten verhindern. „Wir bewegen uns auf einem Weg, wo Leistungen scheinbar immer weniger manipulati­onsfrei erbracht werden“, sagte Kurschilge­n: „Das hindert die fairen Sportler daran, den verdienten Lohn ihrer Arbeit in Form von Finalplatz­ierungen und Medaillen entgegenzu­nehmen.“

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FOTO: EISELE/AFP Die Bronzemeda­ille von Gesa Krause über 3000 Meter Hindernis war die vielleicht größte Sensation aus deutscher Sicht.

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