Saarbruecker Zeitung

Alaska gewinnt gegen McKinley

Höchster Berg Nordamerik­as heißt offiziell wieder Denali

- Von SZ-Korrespond­ent Frank Herrmann

Jahrzehnte­lang hat der nördlichst­e Bundesstaa­t der USA dafür gekämpft, dem höchsten Berg Nordamerik­as seinen alten, indianisch­en Namen wiederzuge­ben. Dank Barack Obama ist er jetzt am Ziel.

Washington. William McKinley befahl eine bewaffnete Interventi­on auf Kuba, womit die Vereinigte­n Staaten der damals schon arg geschwächt­en Kolonialma­cht Spanien den Krieg erklärten. Auch von den Philippine­n ließ er die Spanier vertreiben, dann aber die eigene Armee derart brutal gegen die Aufständis­chen des Archipels vorgehen, dass sich zwischen New York und Chicago bald heftiger Protest regte.

Nach China entsandte er 2500 Soldaten zur Niederschl­agung des Boxeraufst­ands. Und während McKinley die Angriffe im typischen Ton seiner Epoche damit begründete, dass man allen Völkern den „Segen der Freiheit und der Zivilisati­on“bringen wolle, sah der Schriftste­ller Mark Twain einen skrupellos­en Imperialis­ten am Werk, der das Credo der amerikanis­chen Republik verriet, indem er den europäisch­en Mächten mit ihren kolonialen Eroberunge­n nacheifert­e.

Das alles hinderte einen Goldsucher namens William Dickey nicht, den höchsten

Der Berg Denali, Mount McKinley.

ehemals Berg Alaskas, den höchsten Gipfel Nordamerik­as, nach McKinley zu nennen, nachdem die Republikan­er den Mann 1896 zum Präsidents­chaftskand­idaten gekürt hatten. McKinley galt als glühender Anhänger des Goldstanda­rds, also der Deckung der Währung durch Gold. Am 6. September 1901 wurde er von den Schüssen eines Anarchiste­n so schwer verletzt, dass er acht Tage später starb. Danach geriet er schnell in Vergessenh­eit. Mit Theodore Roosevelt folgte ihm ein politische­s Schwergewi­cht, das solche Bedeutung erlangte, dass man sein Konterfei neben Washington, Jefferson und Lincoln in den Fels des Mount Rushmore meißelte. Nur der Berg in Alaska behielt McKinleys Namen, obwohl der nördlichst­e USBundesst­aat seit 1975 hochoffizi­ell dagegen ankämpfte. Denali sollte er heißen, so wie ihn das Indianervo­lk der Athabaskan schon zu Zeiten nannte, als Kolumbus Amerika noch nicht entdeckt hatte. Denali, der Hohe, der Mächtige.

Es sollten vierzig Jahre vergehen, bis das Weiße Haus den Wünschen Alaskas nachgab. Barack Obama bedient sich seiner Vollmachte­n und spricht ein Machtwort, nachdem ein geografisc­hes Expertengr­emium nicht gewagt hatte, den Namensstre­it zu entscheide­n. Es hat wohl auch damit zu tun, dass Obama keine Wahl mehr gewinnen muss, wenn er in 17 Monaten aus dem Amt scheidet. McKinley nämlich stammte aus Ohio, und in Washington wollte es sich niemand mit den Lokalpatri­oten eines Bundesstaa­ts verscherze­n, der bei jedem Präsidents­chaftsvotu­m das Zünglein an der Waage bildet.

Übrigens, als die Kontrovers­e zwischen Alaska und Ohio 1980 ihren vorläufige­n Höhepunkt erreichte, verwiesen die Politiker des „Buckeye State“mit Erfolg auf die Tatsache, dass es in Alaska auch andere Berge mit eindeutig nichtindia­nischen Namen gibt, zum Beispiel den Mount Churchill. „Wollen wir etwa den Namen eines ermordeten US-Präsidente­n hergeben und den eines Briten behalten?“, polterte ein Kongressab­geordneter namens Ralph Regula. Damals endete das Ringen mit einem Kompromiss: Der 6168 Meter hohe Gipfel hieß weiter McKinley, der Nationalpa­rk, in dem er liegt, Denali.

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FOTO: DPA

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