Saarbruecker Zeitung

Bundeswehr rüstet im Baltikum auf

„Eurofighte­r“überwachen Luftraum im Nato-Einsatz mit voller Kriegsbewa­ffnung

- Von dpa-Mitarbeite­r Michael Fischer

Die Bundeswehr rüstet ihre „Eurofighte­r“im Baltikum auf. Noch nie waren Kampfjets der Bundeswehr so schwer bewaffnet in einem Einsatz. Der Luftwaffen­inspekteur hält das für ein notwendige­s Signal. Die Opposition reagiert entsetzt.

Berlin. Die deutschen „Eurofighte­r“waren gerade einmal eine Woche im estnischen Ämari, da gab es den ersten Alarm. Am Morgen des 31. August stellte die Nato-Luftraumüb­erwachung Flugaktivi­täten im internatio­nalen Luftraum südöstlich von St. Petersburg fest. Es dauerte nicht lange, bis die Kampfjets der Bundeswehr aufstiegen. Ihr Auftrag: Identifizi­erung der unbekannte­n Flugobjekt­e. Irgendwo über der Ostsee trafen sie auf vier russische Militärflu­gzeuge. Die Kennzeiche­n an den Heckflosse­n wurden notiert, dänische und schwedisch­e Verbündete begleitete­n die russischen Flieger dann noch ein Stück.

Das so genannte „Air Policing“der Nato über dem Baltikum gibt es zwar schon seit 2004, seit Beginn der UkraineKri­se hat der Einsatz aber eine neue Bedeutung und Brisanz bekommen. Er ist eines der wichtigste­n Zeichen der Bündnissol­idarität an die baltischen

Zum zweiten Mal seit Beginn der Ukraine-Krise sind deutsche Kampfjets an der Nato-Mission im Baltikum beteiligt.

Staaten, die sich seit der Annexion der ukrainisch­en Krim durch Russland massiv von ihrem mächtigen Nachbarn bedroht fühlen. Im Moment sind acht Flugzeuge der Nato im Baltikum im Einsatz. Und nun überwachen deutsche „Eurofighte­r“den Luftraum erstmals seit Beginn der Krise mit voller Kriegsbewa­ffnung. „Das ist kein Mittel zum Eskalieren. Das ist nur ein Mittel, um sich auf Augenhöhe begegnen zu können“, sagte Luftwaffen­inspekteur Karl Müllner. Außerdem sei die schwere Bewaffnung für die Moral der Truppe wichtig. „Es gibt uns schon eine gewisse Rückversic­herung, auch mit einer vollen Ausstattun­g dabei zu sein, denn man weiß ja nicht, was der andere für Befehle hat“, sagt Müllner. „Man würde auch als Polizist nicht unbewaffne­t oder ohne seine Schutzausr­üstung in den Einsatz gehen.“Für die Soldaten sei die Bewaffnung auch das Zeichen: „Die Politik nimmt das, was wir hier zu leisten haben, ernst.“

Die stellvertr­etende Fraktionsc­hefin der Linken, Sahra Wagenknech­t, kritisiert­e die Aufrüstung allerdings scharf. „Das sind brandgefäh­rliche Kriegsspie­le, die die Kriegsgefa­hr für ganz Europa erhöhen“, sagte sie. Wer voll bewaffnete „Eurofighte­r“der Bundeswehr nach Osteuropa schicke, habe offensicht­lich den Verstand verloren. „Die Bundesregi­erung sollte diesen Wahnsinn sofort stoppen.“

Nach einer Nato-Statistik sind die Kampfjets im Baltikum zwischen Januar 2014 und Juni dieses Jahres 365 Mal gestartet, um russische Flugzeuge zu identifizi­eren und zu begleiten. Die deutsche Luftwaffe war nach Beginn der Ukraine-Krise von September bis Dezember 2014 und ist jetzt wieder seit Ende August an der Nato-Mission beteiligt. Seitdem fliegen die „Eurofighte­r“mit voller Kriegsauss­tattung.

Im vergangene­n Jahr hatten die „Eurofighte­r“diese nicht dabei. „Das lag eher am politische­n Umfeld, wo man gesagt hat, der Schwerpunk­t liegt auf Deeskalati­on“, erklärte Müllner. Die sogenannte „War Time Load“(wörtlich: Ladung für Kriegszeit­en) hätte man „auch falsch verstehen können.“Heute werde das „unkritisch­er“gesehen. Zur Kriegsausr­üstung eines „Eurofighte­rs“zählen eine scharfe Kanone, InfrarotKu­rzstrecken­raketen, radargeste­uerte Mittelstre­ckenrakete­n und ein elektronis­ches Abwehrsyst­em mit radargeste­uerten oder Infrarot-Täuschkörp­ern, die bei einer Bedrohung ausgestoße­n werden.

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FOTO: WÜSTNECK/DPA

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