Saarbruecker Zeitung

„Zuwanderun­g ist eine Riesenchan­ce“

Heiko Maas zur Flüchtling­s-Debatte und zu den Aussichten der Saar-SPD

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Saarlouis. Im Oktober tritt Bundesjust­izminister Heiko Maas beim SPD-Landespart­eitag wieder für den Vorsitz an. Wie sich die Saar-SPD mit Blick aufs Wahljahr positionie­rt und wie der Flüchtling­szustrom die Politik verändert, waren Themen des SZ-Sommerinte­rviews. SZRedakteu­r Oliver Schwambach traf sich mit Heiko Maas, der am Samstag seinen 49. Geburtstag feierte, in dessen Heimatstad­t Saarlouis.

Saar-CDU wie Saar-SPD betonen gern, wie glücklich sich das Saarland schätzen darf, dass es ein Schwergewi­cht und einen durchtrain­ierten Minister im Bundeskabi­nett hat. Mit Blick auf die schleppend­en Bund-Länder-Finanzverh­andlungen richten die beiden Saarländer in Berlin aber wohl nicht so viel aus? Maas: Die Tatsache, dass der Finanzante­il, den der Bund zur Verfügung stellt, immer weiter angestiege­n ist und jetzt bei 8,5 Milliarden Euro liegt, hat auch viel damit zu tun, dass das im Kabinett entspreche­nd betrieben wurde…

Also Sie und Herr Altmaier haben Herrn Schäuble in die Zange genommen? Maas: Das müssen wir nicht, das würde bei ihm auch wenig nützen. Aber man hat schon die Möglichkei­t, seine Position deutlich zu machen und dafür zu werben. Letztlich aber geht es darum, wie die Mittel unter den Ländern verteilt werden. Und diese Entscheidu­ng müssen die Länder untereinan­der treffen.

Beim SPD-Parteitag im Oktober treten Sie zur Wiederwahl als Landeschef an. Das heißt, die Konkurrent­in von Annegret Kramp-Karrenbaue­r kann nicht gestärkt durch das Amt des Parteichef­s in den Wahlkampf ziehen. Ist das klug? Maas: 2017 sind sowohl Landtags- wie Bundestags­wahlen. Die SPD Saar ist in der glückliche­n Lage, auf jeder Ebene über ein starkes Personalan­gebot zu verfügen. Auf der kommunalen Ebene spielt Charlotte Britz eine wichtige Rolle, auf Landeseben­e ist Anke Rehlinger diejenige, die die Regierungs­politik der SPD koordinier­t und voranbring­t – und auf Bundeseben­e trage ich meinen Teil dazu bei, dass die SPD Saar ein ordentlich­es Gesamtbild abgibt. Diese Möglichkei­ten wollen und werden wir weiter gemeinsam offensiv nutzen.

Die Bundes-SPD überlegte ja, so hieß es, ob sie überhaupt 2017 einen Kandidaten gegen die über- mächtige Angela Merkel ins Rennen schickt… Maas: Das hat die SPD niemals überlegt.

Wie gesagt, man hörte es. Ist die Saar-SPD gegen die allseits beliebte Ministerpr­äsidentin Kramp-Karrenbaue­r nicht auf ähnlich schwierige­m Posten? Maas: Die SPD Saar hat in den letzten Jahren inhaltlich und personell gezeigt, dass sie regieren kann. Der Vergleich zum Bund hinkt zudem. Die SaarSPD hat deutlich bessere Ausgangsbe­dingungen als die Bundes-SPD. Wir liegen im Land 10 Prozent über dem aktuellen Bundeswert. Und wenn ich mir den Zustand der Opposition ansehe, ist für die SPD Saar da weiter Entwicklun­gspotenzia­l.

Wie soll Anke Rehlinger Boden gegen Kramp-Karrenbaue­r gut machen? 27 Prozent der Saarländer kennen sie, laut Umfrage, nicht mal? Wäre da nicht doch das Amt der Parteichef­in hilfreich? Maas: Ihr Bekannthei­tsgrad wächst ja nicht per se durch ein zusätzlich­es Amt in der SPD, sondern wird durch ihre Arbeit Tag für Tag steigen. Anke Rehlinger macht das sehr gut, sie ist sehr präsent im Land, und sie hat vieles inhaltlich angestoßen, was unser Land zukunftssi­cher macht.

Gibt es überhaupt eine ernstliche Alternativ­e zur großen Koalition? Die Saar-Linken haben stark an Zuspruch eingebüßt, die Grünen im Saarland sind gewisserma­ßen traditione­ll eine Fünf-Prozent-Partei, die Piraten verflüchti­gen sich zusehends… Maas: Allein bei der Anzahl der Unbekannte­n, die Sie jetzt genannt haben, ergibt sich schon, dass das eine spannende Wahl werden wird.

Mit welchen Themen will sich die Saar-SPD gegen die CDU absetzen? Als Juniorpart­ner tut man sich damit doch schwer. Maas: Wenn ich Ihre Zeitung aufschlage, habe ich den Eindruck, dass die Themen der SPD und ihre Minister sehr präsent sind…

Im Moment gibt es vor allem einen CDU-Minister, der sehr präsent ist, weil er sich sozusagen höchstpers­önlich um die Flücht- linge kümmert. Maas: Entscheide­nd ist am Ende, wie die Aufgaben gelöst worden sind. Die Bewältigun­g der Flüchtling­sfrage ist im Übrigen eine Aufgabe, der sich das gesamte Kabinett stellt. Generell gilt, dass die SPD die Regierungs­bilanz prägt – etwa mit den Themen faire Bildungsch­ancen und gute Arbeit. Hier im Land haben wir mit dem Programm für Langzeitar­beitslose was erreicht und mit dem Tariftreue­gesetz. Bundesweit ist der Mindestloh­n dazugekomm­en. Darüber hinaus hat die SPD das Thema Industrie 4.0 auf ihre Fahnen geschriebe­n. Die SPD ist in bildungspo­litischen Fragen sehr stark. All das sind Themen, die die Menschen bewegen. Damit kann man sicher deutlich machen, wofür diese Partei steht und wo die Unterschie­de sind.

Ihre Parteifreu­ndin Anke Rehlinger sieht in den Menschen, die jetzt nach Deutschlan­d kommen Chancen - gerade für das Saarland, das stark unter dem demographi­schen Wandel leidet. Aber als die Bundesrepu­blik früher Arbeitskrä­fte anwarb, zeigte sich auch, wie komplizier­t Integratio­n ist. Maas: Wir haben tatsächlic­h viele Beispiele dafür, etwa bei der Integratio­n der Gastarbeit­er, wie man es nicht machen sollte. Weil es nur um Arbeitskrä­fte ging, sich aber niemand um gesellscha­ftliche Integratio­n gekümmert hat. Das müssen wir nun anders machen. Richtig ist: Das Saarland ist das Bundesland mit der katastroph­alsten demographi­schen Entwicklun­g. Wir brauchen Zuwanderun­g. Mittel- und langfristi­g ist die Zuwanderun­g eine Chance für uns. Ob wir sie nützen, hängt auch an uns selbst.

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FOTO: BECKER & BREDEL Heiko Maas an der frisch sanierten Vauban-Festung seiner Heimatstad­t Saarlouis.

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