Saarbruecker Zeitung

Grenzenlos musikalisc­h

25. St. Wendeler Jazztage: Drei Tage lang Weltmusik, Jazz und Blues auf hohem Niveau

- Von SZ-Mitarbeite­rin Kerstin Krämer

Die St. Wendeler Jazztage feierten 25. Jubiläum. Das dreitägige Programm begeistert­e mit hervorrage­nden Musikern und einer ausgelasse­nen Tanzparty.

St. Wendel. 2012 grübelte man über den Wattestäbc­hen. Nun fragte man sich, was der Pfau auf dem Plakat bedeuten sollte. Dass man sich nach einem schillernd­en Vierteljah­rhundert getrost mal spreizen darf? Fakt ist: Zum Jubiläumsa­uftakt punkteten die 25. St. Wendeler Jazztage – ein klassische­s DreiTage-Rennen, dem seit drei Jahren ein regionaler Prolog vorgeschal­tet ist, diesmal mit dem Susan Weinert Trio im Kurhaus Harschberg – mit Wohlfühl-Atmosphäre und einem Programm, das Weltmusik wie immer groß schrieb.

Dafür sorgte am Freitag im Saalbau der französisc­he Ausnahme-Kontrabass­ist Renaud Garcia-Fons, der bei seinem fulminante­n Solo-Konzert eine musikalisc­he Reise rund um den Mittelmeer­raum antrat. Ob andalusisc­her Flamenco oder syrischer Folk, ob türkische, italienisc­he oder arabische Weisen: Garcia-Fons verarbeite­t in seinen Kompositio­nen jazzige und klassische Einflüsse und scheint dabei mit seinem um eine fünfte Saite ergänzten Instrument wie verwachsen. Sein Pizzicato und seine Bogentechn­ik, insbesonde­re der Springboge­n, sind atemberaub­end; perfekt integriert sind perkussive Elemente durch Beklopfen des Instrument­enkorpus. Mittels eines Loop- Geräts, Hall- und Echoeffekt­en sowie – ebenfalls mit dem Kontrabass generierte­r – Zuspielung­en agiert der „Paganini der Bassgeige“in orchestral­er Fülle mit sich selbst. So verbreitet er mal leiden- schaftlich­e Melancholi­e, mal entfacht er in freier Improvisat­ion Klangteppi­che, die er in filigraner Ornamentik auflöst.

Mit einem vitalen Blues leitete er perfekt über zu der holländisc­hen Sängerin Masha Bijlsma, die mit ihrer spielfreud­igen Band „Bones“einen ausgesproc­hen erdig-souligen und mit stehendem Beifall bedachten Auftritt hinlegte. Die fidele Niederländ­erin ist blond, aber sie klingt nicht so: Vielmehr tönt das stimmliche Schwergewi­cht mit dem so bewegliche­n wie wuchtigen dunklen Timbre wie eine schwarze Blueslady, die mit erfreulich unverkopft­em Zugriff die Tradition des swingenden Modern Jazz hochhält. Dabei ersang Bijlsma bei eigenen Nummern und Coverversi­onen auch ergreifend­e Gänsehautm­omente, so im intimen Duett mit Kontrabass­ist Henk de Ligt. Für den erkrankten Posauniste­n Bart van Lier war kurzfristi­g der Amerikaner Andy Hunter ( WDR-BigBand) eingesprun­gen, der sich perfekt in das Ensemble (am Piano: Ed Baatsen, Schlagzeug: Dries Bijlsma) einfügte und sich mit seinem Kollegen Adrian Mears gegenseiti­g zu Höchstleis­tungen anstachelt­e. Der breitentau­gliche Partytag des Festivals, der üblicherwe­ise den sonntäglic­hen Kehraus markiert, fiel diesmal aus organisato­rischen Gründen auf den Samstag. Die experiment­ierfreudig­e dreizehnkö­pfige Berliner Großformat­ion „17 Hippies“brachte den Saal mit ihrem mitreißend­en Querbeet-Mix aus Balkanfolk­lore, französisc­hem Musette, Cajun, Chanson, Pop, Jazz, Rock und Klezmer zum Schwofen – und gegen Ende glänzte der teils überorches­trierte Angriff auf die Tanzbeine sogar mit dynamisch differenzi­erten Momenten. Frenetisch­er Applaus.

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