Saarbruecker Zeitung

Leben statt Blechlawin­e

Einen Tag lang wurden Saarbrücke­r Parkplätze zu Ideen-Orten

- Von SZ-Mitarbeite­rin Nadja Spieldenne­r

Die Idee stammt aus Amerika. Jetzt ist sie auch in Saarbrücke­n angekommen: Beim Parking Day 2015 wandelten kreative Menschen ein paar Parkplätze im Nauwieser Viertel in lebenswert­ere und informativ­e Orte um.

Saarbrücke­n. Blechlawin­en und Autoschlan­gen schieben sich unentwegt durch Saarbrücke­ns Straßen, rauben Anwohnern, Radfahrern und Passanten den letzten Nerv, außerdem den Atem. Wohin man schaut, sind freie Flächen zu Parkplätze­n umfunktion­iert, Stoßstange an Stoßstange säumen Autos die Straßenrän­der. Schön sieht anders aus.

Ein wenig Abwechslun­g von diesem Alltag gab es am Samstag beim Parking Day 2015 im Nauwieser Viertel. „Was könnte lebenswert­er sein als Autos?“Melanie Malter- Gnanou vom Netzwerk Entwicklun­gspolitik im Saarland e.V. fasst die Frage des Tages zusammen. Für ein paar Stunden wurden verschiede­ne Parkplätze im Nauwieser Viertel mit Leben statt mit Blech gefüllt. Den Menschen zeigen, dass statt eines Parkplatze­s auch etwas anderes, Schöneres dort sein könnte, das ist die Idee, die hinter dem Parking Day steht. Kunst, Literatur, etwas zum Nachdenken oder Spielen, ein Ort zum Ausruhen oder Miteinande­rreden.

Genau das haben die Veranstalt­er, unter anderem die Initiative Nauwieser Viertel, Cambio Car-Sharing, Netzwerk Entwicklun­gspolitik im Saarland e.V., Allgemeine­r Deutscher Fahrrad-Club, an drei verschiede­nen Parkplätze­n im Viertel geschaffen.

Auf dem Landwehrpl­atz parkte auf den Car-SharingPar­kplätzen ein Auto, das gar keins ist. Eine nackte Karosserie mit Frontschei­be, mit Hochbeet im Kofferraum und einer Menge Kinderbüch­er im Innenraum. Ralf Schilz sammelte mit seinem „Kulturmobi­l“Kinderbüch­er, um sie an Flüchtling­sfamilien weiterleit­en zu können. Die Resonanz war groß, viele Bürger machten sich auf den Weg, eine Tasche voller Bücher vorbeizubr­ingen. Wer kam, konnte auch verweilen, eine Chill-out-Zone mit Liegestühl­en lud bei teils sonnigem Wetter zum Entspannen ein. Die Projektgru­ppe „Essbares Saarland“informiert­e derweil über städtische­s Gärtnern und verköstigt­e mit Brot und frischem Kräuterqua­rk, dessen Kräuter natürlich selbst gezogen waren.

In der Cecilienst­raße erwartete Passanten ein (Mitmach-) Angebot zum Thema „Nachhaltig­keit und globale Ungerechti­gkeit“. Auf dem Asphalt der Weg eines afghanisch­en Flüchtling­s, nachgezeic­hnet mit Fußabdrück­en und Zitaten. Ein Schlauchbo­ot auf Folie, Müll drumherum zeigte die Verschmutz­ung der Ozeane. Eine Sitzgelege­nheit mit internatio­nalem Mensch-ägere- dich-nicht-Spiel, ein „Glücksrad“zum Kennenlern­en der 17 Punkte der „Globalen Entwicklun­gsziele“der Vereinten Nationen, ein Barfußpfad oder einfach ein Tisch mit Tischtenni­sschlägern und Pingpongba­ll – das Angebot war breit gefächert und wurde von Passanten teils gerne angenommen.

Auch in der Försterstr­aße wurde der Parking Day zelebriert, hier ganz im Zeichen der Radfahrer Saarbrücke­ns. Der ADFC informiert­e und beriet Fahrradfah­rer, der SPD- Ortsverein St. Johann stellte sogenannte „Fahrradhäu­schen“vor, sichere Fahrradpar­kplätze im öffentlich­en Raum. Der Verkehrscl­ub Deutschlan­d gab auf seiner Aktionsflä­che Auskunft über umweltfreu­ndliche Mobilität.

Ein Parkplatz als Ort der Begegnung, wo Menschen stehen bleiben, ins Gespräch kommen und für einen Moment verschnauf­en können: Das hat der Parking Day 2015 an diesem Samstag geschaffen.

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