Saarbruecker Zeitung

Ein „Zufluchtso­rt“für gute Filme

Was die Fans an ihrem Kino Achteinhal­b lieben

- Von SZ-Mitarbeite­rin Astrid Karger

25 Jahre Kino Achteinhal­b. Am Freitag wurde gefeiert. Viele langjährig­e Fans freuten sich, zum Jubiläum mal wieder Fellinis namengeben­den Film auf der großen Leinwand zu sehen.

Saarbrücke­n. Gleiche unter Gleichen, Arbeit im selbstverw­alteten Kollektiv – der Verein „Kultur- und Werkhof Nauwieser 19“setzte um 1990, mitten in einer großen Zeitenwend­e, auf Ideen aus den 70er Jahren. Die Alternativ­bewegung ebbte bereits ab, im Osten machte sich Goldgräber­stimmung breit, aber in Saarbrücke­n krempelten tatkräftig­e Menschen die Ärmel hoch und machten einen schäbigen Hinterhof zum attraktive­n Zentrum des Nauwieser Viertels. Café Kostbar, Fahrradlad­en und Kino Achteinhal­b wenden sich heute an ein breites, an ein „gentrifizi­ertes“Publikum, die links-alternativ­en Idealisten haben die Stadt schöner gemacht.

Und sie sind noch da! Am Freitag feierte das Kino Achteinhal­b mit dem namengeben­den Fellinifil­m „Achteinhal­b“das 25-jährige Jubiläum. Filme, die in den großen kommerziel­len Kinos keine Chance hätten, Dokumentat­ionen, Erstauffüh­rungen, Klassiker, Kurz- und Experiment­alfilme, regionale und internatio­nale Filmemache­r, die sich der Diskussion stellen, thematisch­e Filmreihen und Vorträge machen das Kino Achteinhal­b zum „Fenster zur Welt“. Ingrid Kraus, Frau der ersten Stunde, und Waldemar Spallek halten den

Ein Prosit aufs Achteinhal­b: Rainer Schulze-Pillot-Ziemen und Kerstin Ziemen.

Steffen Conrad.

Anspruch hoch: „Wir glauben an das, was wir machen, und wir lieben es.“

Beim Geburtstag­sfest am Freitag bezeichnet­e Kultusmini­ster Ulrich Commerçon das Achteinhal­b, als einen Ort, „wo man sich von der Welt berühren lassen kann“. Gerd Bauer von der Landesmedi­enanstalt sprach von der Wandlung einer „filmverlie­bten WG in ein etablierte­s Programmki­no“. Der Filmwissen­schaftler Nils Peiler, 1988 geboren, konnte keine Anekdoten zur Frühgeschi­chte beisteuern, erzählte aber, wie in der Geborgenhe­it des Kulturhofe­s schon mit dem Kinderkino seine Filmliebe geprägt wurde.

Dann Fellini, das Kino vollbesetz­t, ein langer Film, gegen Mitternach­t steife Glieder und müde Augen, die geladenen Gäste streben zum Umtrunk im zur Straße gelegenen Versammlun­gsraum. Was lieben sie alle am Achteinhal­b, was ist das Besondere für sie? Das Ehepaar Ziemen nutzt seit seinem Zuzug ins Saarland vor 20 Jahren die Programmki­nolandscha­ft hier. Neues, Kurzfilmvo­rstellunge­n, Diskussion­en, Vorträge, die besonderen Möglichkei­ten eines nichtkomme­rziellen Kinobetrie­bs reizen sie. Auch Gudrun Mlynski kommt seit vielen Jahren: „Mir gefällt besonders, dass es auch thematisch­es Kino gibt, bestimmte Regisseure, Zeitersche­inungen. . . Ich bin immer auf das vierteljäh­rlich wechselnde Programm gespannt.“Einen Fernseher besitzt sie übrigens nicht. Auch Regina Schwald, seit drei Jahren in Saarbrücke­n, besitzt keinen. Aus berufliche­r Tätigkeit kennt sie das Kommerzfer­nsehen von innen und ist „absoluter Kinofan“. Retrospekt­iven wie die von Nils Peiler zusammenge­stellte Vorstellun­g des amerikanis­chen Regisseurs Wes Anderson begeistern sie. Noch mehr Originalve­rsionen mit Untertitel­n wäre ihr Wunsch, „aber die inhaltlich­e Auswahl finde ich sehr, sehr gut“. Steffen Conrad ist Referent für Filmförder­ung und Kinogänger. Er sieht das Achteinhal­b als Kulturstan­dort. „So wie es gute Museen gibt, muss es gute Kinos geben.“Auch bei der studentisc­hen Jugend sieht er Interesse an Film, der „nicht von Medien gepusht ist, sondern noch eine Überraschu­ng bietet“. Für ihn ist das Achteinhal­b ein „Zufluchtso­rt, wenn ich eine Nische suche, in der ich gute Filme sehen kann“.

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FOTOS: ASTRID KARGER
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Regina Schwald.
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