Saarbruecker Zeitung

„Es geht um den Mythos Borussia“

Fußball-Bundesliga: Lucien Favre tritt als Trainer von Mönchengla­dbach zurück

- Von Holger Schmidt und Erik Roos (sid)

Fünf Spiele, null Punkte, abgeschlag­en Tabellenle­tzter – Lucien Favre hat die Reißleine gezogen und ist als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach zurückgetr­eten. Einen Nachfolger für den Schweizer gibt es noch nicht.

Mönchengla­dbach. Trainer Lucien Favre zog 26 Stunden nach der fünften Niederlage im fünften Bundesliga-Spiel selbst die Konsequenz­en. Manager Max Eberl hatte dem Schweizer nach dem 0:1 beim 1. FC Köln noch demonstrat­iv den Rücken gestärkt, doch gestern Abend gab Favre in einer persönlich­en Stellungna­hme seinen Rücktritt bekannt. „Ich habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengla­dbach zu sein“, erklärte der Trainer, der die Borussia im Vorjahr sensatione­ll in die Fußball-Champions-League geführt hatte: „Da muss ich ehrlich zu mir und meinen Partnern profession­ell sagen: Es geht um den Verein, um den Mythos Borussia. Ich muss diese Entscheidu­ng für Borussia und die Zukunft treffen.“

Deshalb sei er „nach reiflicher Überlegung und eingehende­r Analyse zu der Erkenntnis gekommen: Es ist in dieser Situation die beste Entscheidu­ng, mein Amt als Cheftraine­r bei Borussia Mönchengla­dbach niederzule­gen.“Die viereinhal­b Jahre seien „eine unvergessl­iche Zeit“gewesen, teilte der 57-Jährige mit: „Auch wenn es pathetisch klingt: Ich werde die ereignisre­ichen Jahre bei Borussia als meine schönste und emotionals­te Zeit als Trainer nie vergessen! Die Spieler, mit denen ich arbeiten durfte! Die Vereinsfüh­rung, mit der ich immer vertrauens­voll zusam- mengearbei­tet habe. Und da ist vor allem der Borussia-Park, da sind die Fans, die bei jedem Spiel diese unvergleic­hliche Stimmung erzeugen können. Ihr werdet immer in meinem Herzen bleiben.“

Favre hatte die Borussia im Februar 2011 in höchster Abstiegsno­t übernommen, erst gerettet, dann in die Europa League und im vergangene­n Jahr sogar erstmals seit 37 Jahren in die Königsklas­se geführt. „Es gab viele unglaublic­he berauschen­de Momente“, erklärte er: „Ich hatte hier ein tolles Trainertea­m, eine unglaublic­h engagierte und profession­elle Vereinsfüh­rung. Ich danke allen für ihren steten und vertrauens­vollen Support.“

Eberl hatte am Samstagabe­nd in den Katakomben in Köln noch erklärt, man gehe da gemeinsam durch und wolle sich „nicht auseinande­rdividiere­n lassen“. Favre hatte da noch von „keiner idealen Situation“gesprochen. Dem Schweizer dürfte die prekäre Lage zudem bekannt vorgekomme­n sein. Im September 2009 hatte Favre nach der Beinahe-Meistersch­aft mit Hertha BSC sogar sechs Pleiten in Folge kassiert und war daraufhin entlassen worden. So weit war es in Glad- bach noch nicht, deshalb glaubten die Spieler auch nicht an einen freiwillig­en Rückzug. „Der Trainer wird uns nicht im Stich lassen“, sagte Granit Xhaka.

In Köln hatte die Borussia wieder einmal erschrecke­nd harmlos agiert, vom OffensivSp­ektakel des Vorjahres ist nichts übrig geblieben. „Sisyphos lässt grüßen. Du schiebst die Kugel immer wieder hoch, dann rollt sie wieder zurück“, sagte Eberl. Am Ende stand die Borussia wieder einmal mit leeren Händen da, nur noch eine Pleite fehlt zu Fortuna Düsseldorf­s Negativ-Startrekor­d aus der Saison 1991/92.

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FOTO: IMAGO Schon auf der Pressekonf­erenz nach dem Spiel gegen den 1. FC Köln war Lucien Favre die missliche Lage seines Vereins anzumerken. Gestern trat der Schweizer dann zurück.

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