Saarbruecker Zeitung

Seinen Kuchen fand Merkel echt nett

Die Kanzlerin präsentier­t die Biografie ihres Vorgängers Gerhard Schröder und würdigt die Reformagen­da 2010

- Von SZ-Korrespond­ent Werner Kolhoff

Angela Merkel hat gestern die Biografie von Altkanzler Gerhard Schröder vorgestell­t und ihn dabei überschwän­glich für seine Reformen gelobt. Aus erbitterte­n Feinden sind friedferti­ge Zeitgenoss­en geworden.

Berlin. Gerd Schröder sitzt da wie ein Ölgötze, kerzengera­de. Er weiß, dass jetzt viele Kameras auf ihn gerichtet sind. Nur manchmal verzieht er die Mundwinkel zu einem leichten Grinsen. Einmal, als der Historiker Gregor Schöllgen sagt, der 71-jährige Ex-Kanzler habe „beachtlich­e Nehmerqual­itäten“. Ein andermal, als aus seiner Stasi-Überwachun­gsakte zitiert wird: „Trinkt gerne viel Bier – immer aus großen Gläsern.“

Irgendwie ist er ganz der Alte. Auch sind alle von damals wieder da. Seine früheren Mitarbeite­r aus dem Kanzlerbür­o, die Bodyguards von damals, und selbst die Journalist­en, die zur Präsentati­on der großen Schröder-Biografie erschienen sind, sind nicht alle taufrisch. Fast könnte man weiter machen wie vor zehn Jahren, wäre da nicht – Angela Merkel.

Die aktuelle Kanzlerin hat es übernommen, das Buch vorzustell­en. Aber zehn Jahre sind eben zehn Jahre. Über die alte Konkurrenz ist die Zeit hinweggega­ngen. Und beider Souveränit­ät. Bei der Schilderun­g ihrer heikelsten Begegnung merkt man das – es war der Wahlabend des 18. September 2005. „Niemand außer mir – und schon gar nicht Frau Merkel“werde nächster Regierungs­chef, sagte Schröder damals euphorisie­rt von den überrasche­nd guten Ergebnisse­n für seine SPD in der Fernseh-„Elefantenr­unde“.

Nur, Merkels Union lag trotzdem knapp vorn, und sie, sagt sie heute, habe in dem Moment gewusst, „dass man daraus was machen kann“. Schröder bewertet seinen bizarren Auftritt im Nachhinein als „ebenso lustvoll wie suboptimal“, würde ihn aber trotzdem nicht missen wollen. Merkel hat an ihn nur die Erinnerung, „dass ich zum Glück nicht viel sagen musste, haben ja andere so viel gesprochen“. Dabei grinst sie.

 ?? FOTO: GRIMM/DPA ?? Der Wahlabend 2005: Gerhard Schröder poltert gegen Angela Merkel, die nimmt es gelassen. Er war der „Genosse der Bosse“, ein Raufbold, der die Agenda 2010 als sein Ding durchzog. Eine neue Biografie verrät nun viele spannende Details über den...
FOTO: GRIMM/DPA Der Wahlabend 2005: Gerhard Schröder poltert gegen Angela Merkel, die nimmt es gelassen. Er war der „Genosse der Bosse“, ein Raufbold, der die Agenda 2010 als sein Ding durchzog. Eine neue Biografie verrät nun viele spannende Details über den...

Newspapers in German

Newspapers from Germany